In einer aktuellen Entscheidung hat der BGH zur Zulässigkeit der Bewertungsdarstellung von Unternehmen auf einem Internet-Bewertungsportal (www.yelp.de) Stellung genommen. Danach ist es dem Portal erlaubt nur sogenannte „empfohlene Beiträge“ für die Sternebewertung zu verwenden und sogennante „nicht empfohlene Beiträge“ lediglich anzuzeigen, aber nicht in die Bewertung einzubeziehen (Urteil v. 14.01.2020, Az. VI ZR 496/18 u.a.).
Wie funktioniert im konkreten Fall die Bewertung?
Das Portal ist der Ansicht, dass nicht alle Empfehlungen gleich viel wert sind und jemand der z. B. nach einer Restaurant-Empfehlung fragt wahrscheinlich der Freundin mehr vertraut als dem neuen Nachbarn. Daher hat es eine komplett automatisierte Empfehlungssoftware entwickelt, die u. a. die Bewertungen auf Qualität, Zuverlässigkeit und Benutzeraktivität tagesaktuell prüft. Dabei sucht die Software nach Empfehlungen die dem Portal hilfreich erscheinen, egal ob sie positiv oder negativ ist. Ca. 75 % aller Bewertungen („empfohlene Beiträge“) sollen in die Sternebewertung einfließen. Die anderen 25% „nicht empfohlene Beiträge“ seien nicht in der Bewertung enthalten. Sie können aber bei jedem Unternehmen angeschaut werden und finden sich unten auf der Seite über das jeweilige Unternehmen. Dieses System wird auf der Seite des Portals erklärt.
Zum entschiedenen Fall
Die Klägerin betreibt ein Fitness-Studio. Auf dem Bewertungsportal hatte es aufgrund eines empfohlenen Beitrags drei Sterne. Weitere 24 ältere Beiträge mit überwiegend positiven Bewertungen wurden als momentan nicht empfohlen angezeigt. Nach Auffassung der Klägerin hat die Beklagte den unzutreffenden Eindruck erweckt, dass der Bewertungsdurchschnitt aller Beiträge angezeigt worden sei. Die Unterscheidung zwischen empfohlenen und momentan nicht empfohlenen Beiträgen sei willkürlich und nicht anhand nachvollziehbarer Kriterien erfolgt, wodurch ein verzerrtes und unrichtiges Gesamtbild entstehe. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG München I, Urteil v. 12.02.2016, Az. 25 O 24646/14). Vor dem Oberlandesgericht hatte die Beklagte Erfolg (OLG München, Urteil vom 13.11.2018, Az. 18 U 1282/16). Der BGH hat das klageabweisende Urteil des Landgerichts wiederhergestellt.
Rechtliche Bewertung des BGH
Es liege keine Gefährdung nach § 824 Abs. 1 BGB vor. Die Beklagte habe keine unwahren Tatsachen behauptet oder verbreitet. Sie habe mit der angegriffenen Bewertungsdarstellung nicht erklärt, dass es sich bei dem angezeigten Bewertungsdurchschnitt um das Ergebnis der Auswertung aller für das Fitness-Studio abgegebenen Beiträge handle und dass der danebenstehende Text deren Anzahl wiedergebe. Denn der unvoreingenommene und verständige Nutzer des Bewertungsportals entnehme der Bewertungsdarstellung zunächst, wie viele Beiträge die Grundlage für die Durchschnittsberechnung bildeten, und schließt daraus weiter, dass Grundlage für die Durchschnittsberechnung ausschließlich der „empfohlene“ Beitrag sei sowie dass sich die Angabe der Anzahl nur darauf beziehe.
Die Bewertungsdarstellung der Beklagten greife auch nicht rechtswidrig in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht und in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin ein (§ 823 Abs. 1 BGB). Die rechtlich geschützten Interessen der Klägerin würden nicht die schutzwürdigen Belange der Beklagten überwiegen. Die Anzeige des Bewertungsdurchschnitts und der Einstufung von Nutzerbewertungen als „empfohlen“ oder „nicht empfohlen“ seien durch die Berufs- sowie Meinungsfreiheit geschützt; ein Gewerbetreibender müsse Kritik an seinen Leistungen und die öffentliche Erörterung geäußerter Bewertungen grundsätzlich hinnehmen.
Weiterführende Informationen
Pressemitteilung des BGH v. 14.01.2020 >>
Entscheidungen aus der Datenbank der Wettbewerbszentrale (Login erforderlich)
Erfolgreiches Vorgehen von Amazon gegen „gekaufte“ Kunden-Bewertungen, wenn diese ohne Hinweis darauf erfolgen, dass Tester entgeltlich beauftragt wurden, OLG Frankfurt a. M., Beschluss v. 22.02.2019, Az. 6 W 9/19 >>
cb
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