Fertigarzneimittel, die als homöopathische Arzneimittel in den Verkehr gebracht werden, benötigen keine Zulassung, sondern lediglich eine Registrierung. Dem Antrag auf Registrierung sind die erforderlichen Unterlagen mit Ausnahme der Angaben über die Wirkungen und der Anwendungsgebiete vorzulegen, denn Wirksamkeitsnachweise für bestimmte Anwendungsgebiete sind bei homöopathischen Arzneimitteln aufgrund des hohen Verdünnungsgrades und des damit verbundenen geringen Gehalts an wirksamen Bestandteilen kaum zu führen. Als Folge dieser Sonderregelung verbietet § 5 Heilmittelwerbegesetz (HWG) eine Werbung mit Anwendungsgebieten. Der Wortlaut der Norm unterscheidet nicht danach, ob sich die Werbung an den Verbraucher richtet oder an Fachkreise, etwa Ärzte oder Heilpraktiker.
Dieses generelle Werbeverbot für homöopathische Arzneimittel hat das Oberlandesgericht Hamm in einem von der Wettbewerbszentrale geführten Verfahren bestätigt (Urteil vom 15.04.2010, Az. I 4 U 218/09). Das verklagte Unternehmen warb in Broschüren, die an Ärzte oder Heilpraktiker weitergegeben wurden, für seine registrierten homöopathischen Arzneimittel. Die Darstellung sah so aus, dass in einer Tabelle auf einer Seite der Wirkstoff der Präparate aufgeführt wurde, daneben unter dem Stichwort „Monographie“ Anwendungsgebiete wie Nieren- und Harnwegserkrankungen, Verkalkungen der Hirngefäße etc. angegeben wurden. Das Unternehmen vertrat die Auffassung, dass § 5 HWG für die Werbung vor Fachkreisen nicht gelte. Auch würden in der Werbung keine konkreten Anwendungsgebiete genannt, sondern vielmehr Angaben darüber getätigt, welche Arzneimittelbilder die Einzelbestandteile des Präparates hätten.
Die Richter am OLG Hamm vertraten allerdings die Auffassung, dass das Werbeverbot des § 5 HWG nach seinem Wortlaut und seinem Sinn und Zweck auch dann nicht obsolet sei, wenn sich die Informationen nur an das Fachpublikum richteten. Die gesetzliche Regelung sei generell gefasst, eine Regelungslücke könne nicht festgestellt werden. Die Bestimmung steht nach Auffassung der Richter auch nicht im Widerspruch zu den einschlägigen Richtlinien, insbesondere zur Humanarzneimittelrichtlinie 2001/83 EG. Ebenso wenig beschränken Grundrechte, etwa die in Artikel 12 Grundgesetz garantierte Berufsfreiheit, das Werbeverbot für homöopathische Arzneimittel. Das Werbeverbot sei, so heißt es zum Schluss, auch nicht unverhältnismäßig, zumal es dem Hersteller unbenommen sei, eine wissenschaftliche Klärung und eine Zulassung des Arzneimittels herbeizuführen, um nunmehr entsprechende Aussagen tätigen zu können. Das Unternehmen hat mittlerweile Revision gegen die Entscheidung eingelegt.
Die Auffassung, dass das in § 5 HWG normierte Werbeverbot nicht auf Publikumswerbung beschränkt sei, vertritt ebenfalls das Landgericht Stuttgart. Es sah in der Werbung für Komplexmittel, die zwei oder mehr homöopathische Arzneimittel bzw. Wirkstoffe enthalten, einen Verstoß gegen § 5 HWG. Dies gilt auch dann, wenn lediglich die Anwendungsgebiete der Einzelmittel bzw. einzelnen Wirkstoffe beworben werden, weil der Werbeadressat dies natürlich auch auf das angepriesene Komplexmittel bezieht (LG Stuttgart, Urteil vom 17.03.2010, Az. 38 O 132/09 KfH – nicht rechtskräftig).
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