Bei der Werbung für Arzneimittel ist der Text „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ nach § 4 Absatz 3 Heilmittelwerbegesetz (HWG) gut lesbar anzugeben. Auch wenn dem Verbraucher der Text geläufig ist und er diesen oft überliest, entbindet das den Unternehmer nicht von der gesetzlichen Vorgabe, die eine gute Lesbarkeit des Pflichthinweises verlangt. Dies ergibt sich aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Köln in einem von der Wettbewerbszentrale geführten Verfahren (OLG Köln, Urteil vom 1.07.2016, Az. 6 U 151/15, nicht rechtskräftig).
Die Wettbewerbszentrale hatte den Pflichttext wegen mangelnder Erkennbarkeit beanstandet. Die Produkte im Flyer eines Apothekers waren jeweils mit einem „Sternchen“ gekennzeichnet, der am unteren Seitenrand zum Text „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ führte. Dieser war in einer Schriftgröße kleiner als 6 Punkte angebracht. Zudem war die Schrift heller als die des Fließtextes und befand sich auf einem hellgrauen Hintergrund. Das Gericht verneinte in diesem Fall die deutliche Lesbarkeit.
Darüber hinaus untersagte das OLG Köln dem Apotheker, den Verkauf von Blutdruckmessgeräten zu bewerben, wenn der Kunde beim Erwerb dieser Medizinprodukte eine Geschenkkarte im Wert von 5€ oder 10€, einlösbar bei einem Internetversandhändler, erhält. Die Wettbewerbszentrale hatte darin einen Verstoß gegen das Zuwendungsverbot des § 7 HWG gesehen. In seinen Entscheidungsgründen führt das Gericht aus, dass es sich bei dem Gutschein weder um einen (zulässigen) Barrabatt noch um eine geringwertige Kleinigkeit handele. „Ein Gutschein in Höhe von 5€ bzw. 10 € ist auch geeignet, die angesprochenen Verbraucher dazu zu bewegen, das Blutdruckmessgerät bei dem Beklagten zu erwerben, ohne weitere Konkurrenzprodukte hinsichtlich Qualität oder Einfachheit der Handhabung zu vergleichen. Damit ist vorliegend auch konkret die Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung gegeben.“, begründete das Gericht seine Entscheidung.
Die Revision zum BGH hat das Gericht nicht zugelassen. Der Apotheker hat aber die Möglichkeit, die sogenannte Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen.
Zu weiteren Anforderungen an den Pflichttext:
§ 4 Absatz 3 HWG enthält Vorgaben für die inhaltliche und formale Ausgestaltung des Pflichttextes. Der Pflichttext muss nicht unbedingt jedem einzelnen Arzneimittel zugeordnet sein. Er kann auch – wie man es in Apothekenwerbung häufig sieht – jeweils für mehrere Arzneimittel zusammengefasst werden, etwa am unteren Seitenrand. Allerdings muss der Pflichttext im räumlichen Zusammenhang mit dem beworbenen Arzneimittel stehen. Dafür reicht es aus, wenn der Leser per Sternchenhinweis am Arzneimittel zum (gut lesbaren) Pflichttext geführt wird.
Weitere Fälle der Wettbewerbszentrale zu mangelnder Zuordnung des Pflichttextes:
Die Wettbewerbszentrale hat in der Vergangenheit Flyer oder Kataloge beanstandet, in denen neben Arzneimitteln auch Kosmetika oder Nahrungsergänzungsmittel angeboten wurden und auf denen auf jeder Seite – quasi pro forma – der Pflichttext angebracht war, allerdings ohne die oben beschriebene Zuordnung. Dies widerspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben, sondern kann auch irreführend sein: Der Verbraucher verbindet mit dem Pflichttext automatisch ein Arzneimittel mit entsprechender therapeutischer Wirkung und überträgt diese Vorstellung möglicherweise auch auf ein Nahrungsergänzungsmittel.
Weiterführende Informationen
Zur Tätigkeit der Wettbewerbszentrale im Bereich Gesundheitswesen >>
F 4 0696/14
ck
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