In einem in dieser Woche veröffentlichten Urteil verlangt der BGH von Vergleichsportalen, die sich nicht auf die werbefinanzierte Darstellung von Vergleichsergebnissen beschränken, sondern bei Vermittlung von Verträgen Provisionen erhalten, stärkere Transparenz (BGH, Urteil vom 27.04.2017, Az. I ZR 55/16):
Im konkreten Fall hatte ein Preisvergleichsportal für Bestattungsdienstleistungen nur Ergebnisse von solchen Anbietern dargestellt, die dem Portalbetreiber im Falle der Vermittlung eines Bestattungsvertrages über das Portal eine Provision von 15 oder 17,5 Prozent des Angebotspreises zahlten. Andere Anbieter blieben bei den Ergebnissen des angebotenen Preisvergleichs unberücksichtigt.
Der BGH stellt zwar zu Beginn seiner Entscheidung nochmals klar, dass ein Unternehmer nicht jede Information liefern muss, die für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers von Bedeutung ist. Im konkreten Fall wurden aber Anbieter, die keine Provisionsvereinbarung mit dem Portalbetreiber getroffen hatten, von dem Vergleich ausgeschlossen. Dies sei ein Umstand, mit dem der Verbraucher nach Meinung des BGH nicht rechne. Er erwarte vielmehr, dass diese kostenlose Information werbefinanziert sei und rechne nicht damit, dass der Betreiber des Portals ein konkretes wirtschaftliches Interesse am Vertragsabschluss in Form von Provisionen habe. Gerade die Auswahl der in den Vergleich einbezogenen oder gerade nicht einbezogenen Anbieter sei eine so wichtige Information, dass der Portalbetreiber dazu nicht schweigen dürfe.
Entscheidung für alle Vergleichs- und Vermittlungsportale relevant
Die Entscheidung hat für alle am Markt befindlichen Portale, die Vergleich und Vermittlung von Produkten, Dienstleistungen und anderen Angeboten verknüpfen, Bedeutung. Sie reiht sich in eine ganze Reihe von Entscheidungen zu Vergleichs- und Bewertungsportalen ein, in denen der BGH hohe Anforderungen an die Transparenz der Darstellung, z. B bei bezahlten Anzeigen und der Darstellung von Suchergebnissen, stellt. Sie zeigt auch, dass das im UWG bereitgestellte System der privaten Rechtsdurchsetzung effektiv auch im Bereich der Digitalisierung greift, um eventuellen Missständen vorzubeugen oder diese zu beseitigen.
Verfahren der Wettbewerbszentrale zu Vergleichs- und Vermittlungsportalen
Um Fragen der Transparenz bei Vergleichs- und Vermittlungsportalen geht es auch in einigen von der Wettbewerbszentrale geführten Verfahren. So wird das Landgericht Berlin die Frage zu klären haben, ob der Betreiber eines Augenlaser-Vergleichsportals die Einträge als Werbung kennzeichnen muss (Landgericht Berlin, Az. 52 O 15/17), siehe die News vom 01.09.2017 >>.
In einem vor dem LG München I von der Wettbewerbszentrale geführten Verfahren gegen das Arztbewertungsportal Jameda wurde dieses verpflichtet, die bei der Darstellung der Suchergebnisse ganz oben plazierte kostenpflichtige sogenannte „TOP-Bewertung“ als Anzeige zu kennzeichnen. Siehe die News vom 15.10.2015 >>.
In anderen Fällen geht es nicht nur um Transparenz, sondern auch um Irreführungsaspekte, wie z.B. bei Plattformen zur Immobilienmakler-Vermittlung,
- wenn etwa suggeriert wird, bei der Maklersuche erfolge eine Auswahl aus den bundesweit tätigen 30.000 Maklern, obwohl nur diejenigen vermittelt werden, die eine Provisionsvereinbarung mit dem Plattformbetreiber abgeschlossen haben (B 1 0341/16, B1 0189/17),
- oder wenn „Objektivität“ oder „Unabhängigkeit“ der Plattform suggeriert werden, obwohl ein provisionsgeleitetes Eigeninteresse des Plattformbetreibers an der Vermittlung von Leistungen über die Plattform besteht (B 1 0341/16; B 1 0113/17).
Zu weiteren Praxisfällen der Wettbewerbszentrale bezüglich Vergleichs- und Vermittlungsportalen siehe auch nachfolgende Meldungen:
Pressemitteilung der Wettbewerbszentrale vom 03.05.2016 >>
pbg/ jb/ ug
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