Aktuell hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass ein Hersteller von Weingummi und Lakritz ein Gewinnspiel im Fernsehen ankündigen darf, bei dem die Teilnahme nur möglich ist, wenn die Kunden fünf Produkt-Packungen des Herstellers gekauft haben (Urteil vom 12.12.2013 – I ZR 192/12).
Ein Mitbewerber hielt die Werbung für wettbewerbswidrig, weil sie die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen ausnutze. Im Werbespot traf der Fernsehmoderator Thomas Gottschalk im Supermarkt auf zwei Familien mit Kindern, die die Chance bekamen, beim Kauf von fünf Packungen zum Preis von etwa je 1 € und Einsendung der Kassenbons bei einer Verlosung einen von 100 „Goldbärenbarren“ im Wert von jeweils 5.000 € zu gewinnen.
Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg, weil nach Ansicht des Berufungsgerichts im vorliegenden Fall der strengere Sorgfaltsmaßstab des § 3 Abs. 2 Satz 3 UWG zugrunde zu legen und auf die Sicht von Kindern und Jugendlichen abzustellen sei, die durch die Werbung zu einem Kauf über Bedarf veranlasst werden könnten.
Der Bundesgerichtshof kommt hingegen zu dem Ergebnis, dass es auf das Verständnis eines durchschnittlichen Verbrauchers ankommt und nicht ausschließlich auf das Verständnis der Gruppe von Kindern und Jugendlichen abzustellen ist. Denn ausschließlich auf diese Gruppe kommt es nur an, wenn sich die Werbung nur an diese Zielgruppe richtet und dies für den Werbenden auch vorhersehbar war. Nach Ansicht des BGH sind die Produkte der Beklagten bei Kindern und Erwachsenen gleichermaßen beliebt. Ein an den Absatz dieser Produkte gekoppeltes Gewinnspiel ist daher voraussehbar geeignet, auch das Einkaufsverhalten von Erwachsenen zu beeinflussen. Legt der BGH das Verständnis eines durchschnittlichen Verbrauchers zugrunde, verstößt die beanstandete Fernsehwerbung nicht gegen die berufliche Sorgfalt. Denn die Kosten der Gewinnspielteilnahme werden deutlich und es werden keine unzutreffenden Gewinnchancen suggeriert.
Außerdem enthält der Spot weder eine unmittelbare Kaufaufforderung an Kinder noch wird nach der Auffassung des BGH die geschäftliche Unerfahrenheit Minderjähriger in unlauterer Weise ausgenutzt. Daher werden mit dem Gewinnspiel auch keine speziell dem Schutz von Kindern und Jugendlichen dienenden Vorschriften des Wettbewerbsrechts verletzt.
Weiterführende Hinweise
Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs 205/2013 >>
cb
Weitere aktuelle Nachrichten
-
OLG Frankfurt a. M. untersagt „Anti-Kater“-Werbung für Mineralstofftabletten
-
Rückblick: Konferenz „Wettbewerb, Nachhaltigkeit & Recht“
-
Rückblick: „Jura in der Praxis“ der Julius-Maximilians-Universität Würzburg
-
Rückblick: Internationaler Kongress der Liga in London
-
Landgericht Mainz zur Assoziation von „After Party Shots“ mit einem Alkoholkater