In seinen Schlussanträgen zu einem von der Wettbewerbszentrale geführten Musterverfahrenhat hat der Generalanwalt des EuGH ausgeführt, dass es unzulässig ist, wenn bei einem Werbeprospekt mit beigefügter Bestellkarte, das unter die Regelung des Art. 8 Abs. 4 VRRL (2011/83/EU) fällt, nur auf das Widerrufsrecht hingewiesen wird, ohne weitere Informationen dazu zu geben. Ein Muster-Widerrufsformular muss jedoch einem solchen Prospekt nicht beigefügt werden (Schlussanträge des Generalanwalts v. 20.09.2018, Rs. C-430/17).
Zum Sachverhalt
Das beklagte Unternehmen hatte Werbeprospekte mit beiliegender Antwort- und Bestellkarte als Zeitschriftenbeilage verwendet. In den Prospekten wurde jedoch lediglich auf das Bestehen eines Widerrufsrechts hingewiesen, wobei wichtige Informationen jedoch fehlten. Dazu gehörten die Bedingungen, Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts sowie Namen, Anschrift, Telefonnummer desjenigen, dem gegenüber der Widerruf zu erklären ist, genauso wie das Muster-Widerrufsformular. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte in der Berufungsinstanz geurteilt, dass der alleinige Hinweis auf das gesetzliche Widerrufsrecht nicht ausreichend sei, sondern umfassend über das Widerrufsrecht informiert werden müsse (Urteil v. 18.02.2016, Az. I-15 U 54/15). Der BGH setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH Fragen zur Notwendigkeit der Widerrufsbelehrung und des Muster-Widerrufsformulars auf Bestellkarten oder Werbeprospekten vor (BGH, Beschluss v. 14.06.2017, Az. I ZR 54/16), zu denen der Generalanwalt nun Stellung nahm.
Die Ausführungen des Generalanwalts
Der Generalanwalt ist zunächst auf die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Art. 8 Abs. 4 VRRL eingegangen. Hierbei sei für die Anwendung der Norm entscheidend, ob das gewählte Fernkommunikationsmittel (abstrakt) seiner Art nach nur begrenzten Raum oder begrenzte Zeit zur Verfügung stelle.
Der Unternehmer komme seinen gesetzlichen Informationspflichten nicht nach, wenn nur über das Bestehen eines Widerrufsrechts informiert werde, er jedoch keine detaillierten Informationen beifüge. Dies gelte auch für traditionelle Werbeprospekte in Papierform, da diese keinen technischen Beschränkungen unterliegen.
Bei einer Anwendbarkeit des Art. 8 Abs. 4 VRRL seien Unternehmer jedoch nicht verpflichtet, vor dem Abschluss eines Fernabsatzvertrags das Muster-Widerrufsformular zur Verfügung zu stellen. Eine Verpflichtung des Unternehmers zur Bereitstellung eines solchen Formulars könnte gegen den Grundgedanken des Art. 6 Abs. 1 VRRL verstoßen, da dem Unternehmer unnötiger Aufwand erspart werden solle. Der Verbraucher könne einen per Fernabsatz geschlossenen Vertrag auch durch eine Erklärung widerrufen, aus dem sein Entschluss zum Widerruf deutlich hervorgehe, weswegen ein gesondertes Muster-Widerrufsformular nicht zwingend erforderlich sei.
Es bleibt nun abzuwarten, wie der EuGH in dieser Sache entscheiden wird.
Weiterführende Informationen
Schlussanträge des Generalanwalts im Volltext >>
Entscheidung der Vorinstanzen im Angebot der Wettbewerbszentrale (Login erforderlich)
OLG Düsseldorf, Urteil v. 18.02.2016, Az. I-15 U 54/15 >>
BGH, Beschluss v. 14.06.2017, Az. I ZR 54/16 >>
(S 3 0929/14)
fw
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