In einem Verfahren zwischen dem Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. und der Planet49 GmbH hat der Generalanwalt beim EuGH seine Schlussanträge vorgelegt (EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts vom 21.03.2019, Rs. C-673/17).
Dabei geht es insbesondere um die Auslegung datenschutzrechtlicher Vorschriften bei der Frage, welche Anforderungen an die Einholung einer wirksamen Einwilligung im Zusammenhang mit Cookies gestellt werden. Der Generalanwalt schlägt dem EuGH die Antworten darauf auch unter Anwendung der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) vor.
Zum Sachverhalt
Die Planet49 GmbH hatte 2013 auf einer Webseite ein Gewinnspiel zu Werbezwecken veranstaltet. Unter den Eingabefeldern für Name und Adresse des Nutzers befanden sich zwei mit Ankreuzfeldern versehene Hinweistexte:
Feld Nr. 1 (Werbeeinwilligung, nicht vorangekreuzt, Pflichtfeld):
Das erste Feld enthielt eine Werbeeinwilligung gegenüber „einigen Sponsoren und Kooperationspartner“ zur Werbung per Post, Telefon oder E-Mail/SMS und war nicht vorangekreuzt. Allerdings musste der Nutzer das Häkchen zur Teilnahme an dem Gewinnspiel verpflichtend setzen.
Feld Nr. 2 (Setzen von Cookies, vorangekreuzt, optional):
Der zweite Hinweistext war mit einem bereits voreingestellten Häkchen versehen. Über ihn erklärte sich der Nutzer damit einverstanden, dass die Planet49 GmbH Cookies bei ihm setzt. Diese Cookies wurden von der Webseite generiert und üblicherweise auf der Festplatte von Computern oder mobilen Endgeräten der Nutzer platziert. Sie ermöglichten das Sammeln und die Übermittlung von Informationen, konkret eine Auswertung des Surf- und Nutzungsverhaltens auf Webseiten von Werbepartnern und damit interessengerichtete Werbung. Eine Teilnahme am Gewinnspiel war auch möglich, wenn das Häkchen in diesem Ankreuzfeld nicht gesetzt wurde. Darüber erhielt der Nutzer jedoch keine Information.
Zum Hintergrund und den Vorlagefragen
Das Landgericht Frankfurt a. M. gab einer Unterlassungsklage des Verbraucherzentrale Bundesverband hinsichtlich der Verwendung der beiden Klauseln (der Hinweistexte) in dieser Form größtenteils statt (Urteil v. 10.12.2014, Az. 2-06 O 30/14). Das OLG Frankfurt a. M. gab der Berufung der Planet49 GmbH teilweise statt und entschied u. a., dass die erforderliche Einwilligung in die Cookie-Nutzung auch durch eine vorformulierte Erklärung erteilt werden könne, die der Nutzer durch Entfernen eines voreingestellten Häkchens widersprechen könne (Urteil v. 17.12.2015, Az. 6 U 30/15).
Der Bundesgerichtshof hatte im Rahmen der Revision des Verbraucherzentrale Bundesverband hierzu das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH Fragen zur Auslegung europäischen Datenschutzrechts vorgelegt (Vorlagebeschluss v. 05.10.2017, Az. I ZR 7/16).
Die Vorlagefragen beziehen sich nur auf Feld Nr. 2:
Entscheidend sind diese Vorlagefragen u. a., da nach Ansicht des BGH § 15 Abs. 3 Telemediengesetz (TMG) eine Widerspruchslösung vorsehe, Art. 5 Abs. 3 ePrivacy-RL (2002/58/EG) hingegen eine Einwilligung für den Cookie-Einsatz zu Werbezwecken fordere. Deshalb sei § 15 Abs. 3 TMG richtlinienkonform auszulegen. Zur Klärung dieser Auslegung fragt der BGH deshalb, ob ein voreingestelltes Häkchen, dass der Nutzer zur Verweigerung seiner Einwilligung abwählen muss, eine wirksame Einwilligung i. S. d. Art. 5 Abs. 3 ePrivacy-RL (2002/58/EG) darstellen kann.
Da durch die DS-GVO die Datenschutz-RL aufgehoben wurde, fragte der BGH auch, wie diese Umstände nach der DS-GVO zu bewerten seien und ob es einen Unterschied mache, ob es sich bei den gespeicherten oder abgerufenen Informationen um personenbezogene Daten handele. Die letzte Frage richtete sich auf den Umfang der Informationspflichten beim Einsatz von Cookies.
Zu den Ausführungen des Generalanwalts
Zu Feld Nr. 2 (Cookies)
In seinen Schlussanträgen schlug der Generalanwalt dem EuGH vor, dem BGH zu antworten, dass in einer Situation, in der die Speicherung von Informationen oder der Zugriff auf Informationen, die bereits im Endgerät des Nutzers gespeichert sind, durch ein voreingestelltes Ankreuzkästchen erlaubt wird, dies keine wirksame Einwilligung i. S. d. Art. 5 Abs. 3, Abs. 2 ePrivacy-RL (2002/58/EG) i. V. m. Art. 2 lit. h Datenschutz-RL (95/46/EG) darstellt.
Unter Würdigung der Rechtslage stellte der Generalanwalt Kriterien zu den Voraussetzungen einer wirksamen Einwilligung nach o.g. Vorschriften auf und führte für den vorliegenden Fall aus:
- Das Kriterium der aktiven Einwilligung sei nicht erfüllt, wenn ein Nutzer ein vorhandenes Häkchen entfernen müsse. Art. 2 lit. h Datenschutz-RL (95/46/EG) spreche von einer Willensbekundung der betroffenen Person, was klar darauf hindeute dass die Einwilligung nicht passiv zum Ausdruck gebracht werden könne. Diese Grundsätze gelten auch für die DS-GVO (2016/679/EU).
- Die Teilnahme an dem Online-Gewinnspiel und die Erteilung der Einwilligung in die Setzung von Cookies könnten nicht Teil derselben Handlung sein. Durch nur einen Klick auf die für die Teilnahme am Online-Gewinnspiel vorgesehene Schaltfläche würden hier zwei Willenserklärungen abgegeben, nämlich ebendiese Teilnahme am Gewinnspiel und die Einwilligung in die Setzung von Cookies. Eine Einwilligung werde aber nur dann freiwillig und in Kenntnis der Sachlage erteilt, wenn dies auch gesondert geschehe. Zudem sei der Nutzer nie darüber informiert worden, dass die Teilnahme am Gewinnspiel nicht davon abhängig sei, dass diese Einwilligung gegeben wurde.
- Es mache keinen Unterschied, ob es sich bei den gespeicherten oder abgerufenen Informationen um personenbezogene Daten handle. Art. 5 Abs. 3 ePrivacy-RL (2002/58/EG) beziehe sich auf die Speicherung von Informationen oder den Zugriff auf Informationen. Alle solche Informationen hätten einen den Datenschutz betreffenden Aspekt, unabhängig davon, ob es sich dabei um personenbezogene Daten i. S. d. Art. 4 Nr. 1 DS-GVO handle.
- In der Konsequenz daraus seien, so der Generalanwalt, die Anforderungen von Art. 5 Abs. 3 der ePrivacy-RL (2002/58/EG) durch § 15 Abs. 3 TMG offenbar nicht in vollem Umfang in deutsches Recht umgesetzt.
- Beim Einsatz von Cookies müssten dem Nutzer vor Erteilung einer Einwilligung umfassende Informationen gegeben werden, darunter auch zur Funktionsdauer der Cookies und zur Frage, ob Dritte auf die Cookies Zugriff erhalten.
Zu Feld Nr. 1 (Einwilligung, mit Werbeangeboten kontaktiert zu werden)
Obwohl die Vorlagefragen des BGH nicht Feld Nr. 1 betrafen, äußerte sich der Generalanwalt in seinen Schlussanträgen auch dazu:
Auch für dieses Ankreuzfeld würden die Kriterien für die aktive und gesonderte Einwilligung und die umfassende Information gelten. Bezüglich der gesonderten Einwilligung äußerte der Generalanwalt Zweifel an der Gestaltung des Feldes. Nach seiner Analyse sei es besser, wenn zur Einwilligung in die Verarbeitung personenbezogener Daten eine gesonderte Schaltfläche anzuklicken und nicht lediglich ein Feld anzukreuzen wäre. Das zuständige Gericht habe zudem zu beurteilen, ob die Einwilligung in die Verarbeitung personenbezogener Daten für die Teilnahme am Gewinnspiel erforderlich sei. Der Generalanwalt sieht aber eher eine Erforderlichkeit gegeben, da der hinter der Teilnahme am Gewinnspiel stehende Zweck der „Verkauf“ personenbezogener Daten sei und die Hauptpflicht, die der Nutzer erfüllen müsse, um am Gewinnspiel teilzunehmen, darin bestehe, diese personenbezogenen Daten zur Verfügung zu stellen.
Da die Schlussanträge des Generalanwalts für den Gerichtshof nicht bindend sind, bleibt nun die Entscheidung des EuGH abzuwarten.
Weiterführende Informationen
Zu den Entscheidungen der Vorinstanzen im Angebot der Wettbewerbszentrale (Log-in erforderlich)
LG Frankfurt a. M., Urteil v. 10.12.2014, Az. 2-06 O 30/14 >>
OLG Frankfurt a. M., Urteil v. 17.12.2015, Az. 6 U 30/15 >>
BGH, Vorlagebeschluss v. 05.10.2017, Az. I ZR 7/16 – Cookie-Einwilligung >>
(cki/lk)
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