Der Generalanwalt beim EuGH hat in seinen Schlussanträgen vom 04.07.2013 (Rechtssache C 59/12) dem Gerichtshof vorgeschlagen, die Lauterkeitsrichtlinie dahingehend auszulegen, dass eine mit einer im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe betraute Einrichtung des öffentlichen Rechts wie eine Krankenkasse als „Gewerbetreibender“ eingestuft werden kann, wenn sie sich mit einer kommerziellen Werbung an die Verbraucher wendet. Den Schlussanträgen des Generalanwalts liegt ein Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs vor. Dieser hatte den Gerichtshof um Auslegung des Begriffs „Gewerbetreibender“ im Sinne der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken gebeten. Zugrunde lag die Werbung einer Krankenkasse, die von der Wettbewerbszentrale wegen Irreführung verklagt worden war. Die Krankenkasse hatte in ihrer Werbung gegenüber den eigenen Mitgliedern behauptet, dass – wer die Kasse verlasse – sich für 18 Monate an die neue Krankenkasse binde, weshalb den Mitgliedern attraktive Prämien entgingen und sie am Ende draufzahlen müssten, wenn die neue Kasse einen Zusatzbeitrag erheben müsse. Dabei hatte sie unterschlagen, dass gerade für den Fall der Erhebung eines Zusatzbeitrages der Verbraucher ein Sonderkündigungsrecht hat. Er ist eben nicht 18 Monate an die neue Kasse gebunden. Der BGH wollte zwar dem Irreführungsvorwurf folgen, hatte allerdings Zweifel, ob Krankenkassen als Gewerbetreibende handeln und den Regelungen des UWG unterliegen.
Dies hat der Generalanwalt nun in seinen Schlussanträgen bejaht. Ausgehend vom Wortlaut der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, den bisherigen Entscheidungen des EuGH und im Hinblick auf den Zweck der Richtlinie, nämlich die Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus, stellt der Generalanwalt fest, dass es keinen Grund gebe, „der es rechtfertigen würde, dass eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, die mit einer im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe betraut ist, von der Einhaltung derart wesentlicher Regeln wie denen der beruflichen Sorgfalt befreit wäre oder dass sie wegen der ihr obliegenden Aufgaben die Verbraucher belügen oder gegenüber anderen Wirtschaftsteilnehmern ein unlauteres Verhalten an den Tag legen dürfte.“
Es bleibt nun abzuwarten, ob sich der EuGH dem Votum des Generalanwalts anschließen wird.
ck
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