Home News Generalanwalt beim EuGH: Kontakt-Telefonnummer zur Vertragsabwicklung im Internet darf keine kostenpflichtige 0180-Rufnummer sein

Generalanwalt beim EuGH: Kontakt-Telefonnummer zur Vertragsabwicklung im Internet darf keine kostenpflichtige 0180-Rufnummer sein

Dies hat der Generalanwalt des EuGH heute in einer Pressmitteilung (PM Nr. 124/16) bekannt gegeben. Hintergrund ist eine Unterlassungsklage der Wettbewerbszentrale vor dem LG Stuttgart (Az. 1 O 21/15) gegen einen Elektro- und Elektronikhändler, der Verbrauchern, die mit diesem einen Vertrag abgeschlossen hatten, zur telefonischen Kontaktaufnahme eine kostenpflichte 01805-Nummer (14 Cent/Minute aus dem Festnetz bzw. max. 42 Cent/Minute aus dem Mobilfunknetz) angeboten hatte. Die Wettbewerbszentrale sah darin einen Verstoß gegen

Nach Ansicht des Generanwalts des EuGH dürfen einem Verbraucher durch einen Anruf beim Unternehmer zu Fragen oder Erklärungen zu einem zwischen ihnen geschlossenen Vertrag, also zur Vertragsabwicklung, keine höheren Telefonkosten entstehen, als die für die bloße Nutzung des Telekommunikationsdienstes. Dies hat der Generalanwalt des EuGH heute in einer Pressemitteilung (PM Nr. 124/16 des EuGH) bekannt gegeben (Rs. C-568/15).

Hintergrund ist eine Unterlassungsklage der Wettbewerbszentrale vor dem LG Stuttgart (Az. 1 O 21/15) gegen einen Elektro- und Elektronikhändler, der Verbrauchern, die mit diesem einen Vertrag abgeschlossen hatten, zur telefonischen Kontaktaufnahme eine kostenpflichte 01805-Nummer (14 Cent/Minute aus dem Festnetz bzw. max. 42 Cent/Minute aus dem Mobilfunknetz) angeboten hatte. Die Wettbewerbszentrale sah darin einen Verstoß gegen § 312a Abs. 5 S. 1 BGB. Nach § 312a Abs. 5 BGB ist eine Vereinbarung, durch die ein Verbraucher verpflichtet wird, wegen Fragen oder Erklärungen zu einem geschlossenen Vertrag höhere Kosten zu zahlen, als die bloße Nutzung des Telekommunikationsdienstes, unzulässig. Die Vorschrift dient der Umsetzung der EU-Verbraucherrechtelinie (Art. 21 VRRL), wonach der Verbraucher nicht verpflichtet werden darf, für die telefonische Kontaktaufnahme mehr als den Grundtarif zahlen müssen.

Der Begriff „Grundtarif“ ist allerdings weder in der VRRL noch in anderen europäischen Reglungen definiert.

Daher legte das LG Stuttgart dem EuGH drei Vorlagefragen vor (Text unten am Ende des Beitrags), u. a. ging es um die Frage, ob bei der angebotenen Telefonnummer keine höheren Kosten entstehen dürfen als diejenigen, die ihm für einen Anruf unter einer gewöhnlichen (geographischen) Festnetz- oder Mobilfunk-Nummer entstanden wären.

Nach Ansicht des Generalanwalts darf das dem Verbraucher in Rechnung gestellte Entgelt nicht höher sein als das Entgelt für einen gewöhnlichen Anruf zum marktüblichen Preis. Daher dürfen dem Verbraucher keine höheren Kosten entstehen als die üblichen Kosten, die ihm für einen Anruf zu einer gewöhnlichen (geografischen) Festnetz- oder Mobilfunk-Nummer entstanden wären. Höhere Telefonkosten könnten den Verbraucher abschrecken z. B. bei Fragen zur Rechnungsstellung oder zur Gewährleistung mit dem Unternehmer Kontakt aufzunehmen. Nach Ansicht des Generalanwalts gilt für den telefonischen Service-Dienst die unwiderlegbare Vermutung, dass er in dem vom Verbraucher bereits bezahlten Preis enthalten ist, so dass die Benutzung einer überteuerten Rufnummer dazu führen würde, dass der Verbraucher für ein und denselben Service zusätzliche Kosten tragen müsste.

Der Generalanwalt stellt außerdem fest, dass die Frage, ob der Unternehmer einen Teil des vom Verbraucher entrichteten Entgelts erhält oder nicht, für die von ihm vorgeschlagene Antwort ohne Bedeutung ist.

Nun bleibt noch abzuwarten, ob der EuGH mit seiner Entscheidung der Auffassung des Generalanwalts folgt.

Weiterführende Informationen

Pressemitteilung Nr. 124/16 des Gerichtshof der Europäischen Union >>

Schlussanträge des Generalanwalts in der Rs. C‑568/15 >>

News der Wettbewerbszentrale vom 03.06.2015 // Wettbewerbszentrale will Klarheit für Onlinehändler: Mündliche Verhandlung in Musterverfahren zur Zulässigkeit einer Sonder-Rufnummer für Vertragsabwicklung >>

Zu Musterverfahren der Wettbewerbszentrale hinsichtlich der Zulässigkeit von kostenpflichtigen Service-Rufnummern: News der Wettbewerbszentrale vom 06.02.2015 „01805er Nummern in Widerrufsbelehrung“ >>

Vorlagefragen des LG Stuttgart (Beschluss v. 15.10.2015, Az. 1 O 21/15) :

1. Ist Art. 21 Abs. 1 VRRL (2011/83/EU) dahingehend auszulegen, dass dem Verbraucher bei der telefonischen Kontaktaufnahme mit dem Unternehmer, wenn dieser eine Telefonleitung eingerichtet hat, damit der Verbraucher mit ihm im Zusammenhang mit einem geschlossenen Vertrag telefonisch Kontakt aufnehmen kann, keine höheren Kosten entstehen dürfen als diejenigen, die ihm für einen Anruf unter einer gewöhnlichen (geographischen) Festnetz- oder Mobilfunk-Nummer entstanden wären?

2. Steht Art. 21 Abs. 1 VRRL (2011/83/EU) einer nationalen Bestimmung entgegen, gemäß der der Verbraucher in Fällen, in denen der Unternehmer zur telefonischen Kontaktaufnahme im Zusammenhang mit dem geschlossenen Vertrag einen Service-Dienst unter einer 0180-Nummer eingerichtet hat, diejenigen Kosten zu tragen hat, die ihm der Telekommunikationsanbieter für die Nutzung dieses Telekommunikationsdienstes berechnet, und zwar auch dann, wenn diese diejenigen Kosten übersteigen, die dem Verbraucher bei der telefonischen Kontaktaufnahme über eine gewöhnliche (geographische) Festnetz- oder Mobilfunk-Nummer entstanden wären?

3. Steht Art. 21 Abs. 1 VRRL (2011/83/EU) einer solchen nationalen Bestimmung jedenfalls dann nicht entgegen, wenn der Telekommunikationsanbieter von dem Entgelt, dass er beim Verbraucher für die Kontaktaufnahme unter der 0180-Nummer erhebt, keinen Entgeltanteil an den Unternehmer abführt?

cb

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