Immer wieder erreichen die Wettbewerbszentrale Beschwerden, die sich auf fehlende oder falsche Materialangaben bei Textilerzeugnissen beziehen.
Die europäische Textilkennzeichnungsverordnung ist am 07. November 2011 in Kraft getreten. Die inhaltlichen Änderungen im Vergleich zum bisherigen deutschen Textilkennzeichnungsgesetz, welches seit 01. April 1969 gilt, sind allerdings gering. So durften bereits nach § 1 Abs. 1 Textilkennzeichnungsgesetz Textilerzeugnisse gewerbsmäßig nur in den Verkehr gebracht oder einem Letztverbraucher angeboten werden, wenn sie mit einer Angabe über Art und Gewichtsanteil der verwendeten textilen Rohstoffe versehen sind. Gem. § 3 Textilkennzeichnungsgesetz durften Textilien nur mit den Rohstoffgehaltsangaben bezeichnet werden, die in der Anlage 1 zum Textilkennzeichnungsgesetz aufgeführt sind. Diese Verpflichtungen finden sich unverändert auch in der Textilkennzeichnungsverordnung unter Artikel 16 in Verbindung mit Artikel 5 und Artikel 9. Dort heißt es ausdrücklich, dass diese Informationen für Verbraucher vor dem Kauf deutlich sichtbar sein müssen, auch wenn der Kauf auf elektronischem Wege erfolgt.
Ein Verstoß gegen das Textilkennzeichnungsgesetz bzw. gegen die Textilkennzeichnungsverordnung ist gleichzeitig wettbewerbswidrig im Sinn des § 4 Ziff. 11 UWG.
Gegenstand von an die Wettbewerbszentrale herangetragenen Beschwerden waren folgende Varianten:
1.
In einem Online-Shop wurden Socken angeboten, wobei der Rohstoffgehalt mit den Begriffen „Lycra“, „Spandex“ und „Polikolon“ angegeben wurden. Diese Begriffe finden sich weder in der Anlage 1 zum Textilkennzeichnungsgesetz noch im Anhang I der Textilkennzeichnungsverordnung. Außerdem fehlten Angaben über die tatsächlich verwendeten Rohstoffe samt Anteile dieser Rohstoffe. Nachdem eine Unterlassungserklärung nicht abgegeben wurde, hat die Wettbewerbszentrale Klage beim Landgericht Karlsruhe eingereicht. Das Landgericht Karlsruhe hat in seinem Versäumnis-Urteil vom 26.06.2012 – 13 O 64/12 KfH I die Rechtsauffassung der Wettbewerbszentrale bestätigt und die Gegenseite verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Verbrauchern Textilerzeugnisse auf dem Markt bereit zu stellen, wenn sie nicht mit einer Angabe über Art und Gewichtsanteil der verwendeten textilen Rohstoffe deutlich versehen sind und/oder im Rahmen der Kennzeichnung für Textilerzeugnisse Begriffe zu verwenden, die nicht in Anlage 1 zum Textilkennzeichnungsgesetz oder Anhang I zu Artikel 5 Textilkennzeichnungsverordnung aufgeführt sind.
(S 1 0010/12)
2.
Im Internet wurde eine Polstergarnitur beworben, die einen Bezug aus Textilfasern besitzt. In der Artikelbeschreibung fand sich kein Hinweis darauf, welche textilen Rohstoffe mit welchem Anteil in diesem Bezug enthalten sind. Auch hier war die Wettbewerbszentrale der Auffassung, dass ein Verstoß gegen die §§ 1, 3 Textilkennzeichnungsgesetz bzw. gegen Artikel 16 in Verbindung mit Artikel 5 und 9 Textilkennzeichnungsverordnung vorliegt. Zu den Textilerzeugnissen gehören gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1b Textilkennzeichnungsgesetz bzw. gem. Artikel 2 Abs. 2 b) Textilkennzeichnungsverordnung auch Bezugsstoffe auf Möbeln und Möbelteilen, sofern sie zu mindestens 80% ihres Gewichts aus textilen Rohstoffen bestehen. Dies war bei dem beworbenen Polstermöbel der Fall. Auch hier wurde eine Unterlassungserklärung nicht abgegeben, so dass die Wettbewerbszentrale Unterlassungsklage erhoben hatte. Mit Anerkenntnis-Urteil des Landgericht Freiburg vom 22.05.2012, Az. 12 O 9/12, wurde der Möbelhändler verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr im Internet Möbel mit Bezugsmaterial mit einem Gewichtsanteil an Textilkomponenten von mindestens 80% feil zu halten, ohne die Bezeichnung und im Fall von Multifaser Textilerzeugnissen, den Gewichtsanteil aller im Bezugsmaterial enthaltener Fasern, deren Anteil am Gesamtgewicht des Bezugsmaterials mehr als 5% oder zusammen bis zu 15% beträgt, in absteigender Reihenfolge anzugeben.
(S 3 0953/11)
3.
Auf der Verkaufsplattform eBay wurden von einem gewerblichen Verkäufer Sportsocken mit folgenden Materialangaben beworben:
„80% Baumwolle, 15% Polyamid, 5% Elasthan“
Tatsächlich hat die Materialanalyse durch ein Prüflabor ergeben, dass diese Sportsocken lediglich aus 16.3% Baumwolle bestanden, und einen Anteil von 81.2% Polyester und 2.5% Elasthan hatten.
Die Wettbewerbszentrale beanstandete diese Werbung zum einen aufgrund falscher und somit irreführender Materialangaben (§§ 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG), zum anderen wegen fehlender Angaben über die tatsächlichen Gewichtsanteile der verwendeten textilen Rohstoffe (§ 1 Abs. 1 Textilkennzeichnungsgesetz bzw. Artikel 16, 9 Textilkennzeichnungsverordnung).
Der eBay-Händler gab daraufhin die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung ab.
(S 2 0472/12)
sj
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