In einem Verfahren der Wettbewerbszentrale hat das LG Erfurt mit Versäumnisurteil vom 23.11.2020 einem Webseiten-Betreiber verboten, nicht ausreichend gekennzeichnete Affiliate Links zu verwenden (LG Erfurt, Versäumnisurteil vom 15.12.2020, Az. 1 HKO 91/20).
Der Webseiten-Betreiber hatte in einem mit „Meine ehrlichen [Produkt] Erfahrungen“ übertitelten redaktionellen Beitrag einen Online-Lehrgang eines „Coaches“ über das Geldverdienen mit dem Smartphone empfohlen. Er hatte in dem Text zahlreiche Affiliate Links gesetzt. Diese waren zwar überwiegend mit einem Sternchen gekennzeichnet. Das Sternchen wurde allerdings erst nach Herunterscrollen um ca. 16 Bildschirmseiten ganz unten auf der Website aufgelöst. Erst dort wurde farblich abgesetzt erläutert, dass der Verfasser für jeden Kauf oder jede Anmeldung eine Provision erhält. Dies hielt das Gericht ebenso wie die Wettbewerbszentrale nicht für ausreichend.
Wettbewerbszentrale fordert Kennzeichnung von Werbung auf vermeintlich neutralen Ratgeber-Websites
Neben mangelhafter Kennzeichnung von Affiliate Links ist die Wettbewerbszentrale in den letzten Monaten mehrfach gegen verschiedene Formen redaktioneller Werbung auf Webseiten vorgegangen.
„Wir beobachten, dass auf verschiedenen Internetseiten scheinbar neutrale Inhalte mit mehr oder weniger direkten bezahlten Kaufempfehlungen vermischt werden“, erläutert Martin Bolm, Syndikusrechtsanwalt bei der Wettbewerbszentrale, Büro Hamburg.
In den von der Wettbewerbszentrale bearbeiteten Fällen geht es in erster Linie um Websites, die sich als Ratgeberseiten, beispielsweise im Gesundheitsbereich, darstellen. Die dortigen Texte beginnen teilweise als vermeintlich neutrale Erklärungstexte und enden oft mit Empfehlungen ganz konkreter Produkte. In anderen Fällen werden nicht gekennzeichnete Kontaktformulare gewerblicher Unternehmen eingeblendet, werbliche Hyperlinks oder Werbevideos ohne entsprechende Werbekennzeichnung eingebunden.
Eine der beanstandeten Websites, die von einem Handelsunternehmen betrieben wurde, präsentierte sich als neutrale Informationsseite zu allen Fragen rund um „gutes Hören“ und „Hörgeräte“. Konkret wurden Artikel zu verschiedenen Themen wie z.B. Tinnitus, Hörgeräte-Preise, Funktionsweise von Hörgeräten etc., vorgestellt. Ein anderes Portal mit Tipps für Schwerhörige band zahlreiche Links und Fotos eines einzelnen Hörakustik-Filialisten in die Texte ein, ohne diese als Werbung zu kennzeichnen. In mehreren Texten wurde die Hörtherapie nur eines bestimmten Akustikers lobend erwähnt. Außerdem bot das Portal eine deutschlandweite Hörakustiker-Suche nach Stadt und Umkreis an. Dort wurden allerdings nur ausgesuchte Akustiker angezeigt, ohne dass die eingeschränkte Auswahl erläutert wurde. Ein drittes Portal band durchgängig nicht als Werbung erkennbare Hyperlinks zu einer „Hörgeräteberatung“ ein, die zu einem Akustiker verlinkten.
In den genannten Fällen hat die Wettbewerbszentrale Verstöße gegen das Verbot der Schleichwerbung beanstandet. Nach § 5a Abs. 6 UWG und weiteren spezialgesetzlichen Vorschriften müssen kommerzielle Inhalte klar und eindeutig so gekennzeichnet werden, dass der kommerzielle Zweck auf den ersten Blick erkennbar ist. „Dies gilt nicht nur in Printmedien, sondern genauso im Internet“, erläutert Bolm. Artikel, die redaktionell aufgemacht seien, dürften keine Schleichwerbung enthalten. Kommerzielle Websites, die beispielsweise von einem Hersteller zur Präsentation seiner Produkte genutzt werden, müssten nach seiner Auffassung auch klar als solche erkennbar sein.
In den meisten dieser Fälle hat die Wettbewerbszentrale bereits eine außergerichtliche Einigung mit den betreffenden Unternehmen zur künftigen Kennzeichnung der Werbung erreicht.
Wettbewerbszentrale
Die Wettbewerbszentrale ist die größte und einflussreichste Selbstkontrollinstitution für fairen Wettbewerb. Getragen wird die gemeinnützige Organisation von mehr als 1.200 Unternehmen und über 800 Kammern und Verbänden der Wirtschaft. Sie finanziert sich allein aus der Wirtschaft heraus und erhält keine öffentlichen Mittel. Als branchenübergreifende, neutrale und unabhängige Institution der deutschen Wirtschaft setzt sie die Wettbewerbs- und Verbraucherschutzvorschriften im Markt – notfalls per Gericht – durch. Sie bietet umfassende Informationsdienstleistungen, berät ihre Mitglieder in allen rechtlichen Fragen des Wettbewerbs und unterstützt den Gesetzgeber als neutraler Ratgeber bei der Gestaltung des Rechtsrahmens für den Wettbewerb.
Kontakt:
Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e.V.
Büro Hamburg
Martin Bolm, Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt)
Ferdinandstraße 6
20095 Hamburg
Telefon: 040 – 30200111
Telefax: 040 – 30200120
E-Mail: bolm@wettbewerbszentrale.de
Weiterführende Informationen
Affiliate Marketing
Beim Affiliate Marketing handelt es sich um eine Maßnahme im Bereich des Online-Marketings, die auf dem Prinzip der Vermittlungsprovision basiert. Ein Webseitenbetreiber bindet auf seiner Website Banner, Grafiken oder Textlinks ein, durch deren Anklicken der Nutzer auf die Website eines Händlers – des sog. Merchant – gelangt, wo er die beworbenen Produkte käuflich erwerben kann. Der Webseitenbetreiber fungiert somit als Schnittstelle zwischen dem Händler und dem potentiellen Kunden.
Im Affiliate-Marketing wird dann eine Provision gezahlt, wenn der gesetzte Link zu einem Erfolg führt. Wann von einem Erfolg auszugehen ist, ist hierbei abhängig von der Ausgestaltung des konkreten Affiliate-Programms: So können Webseitenbetreiber eine Provision schon für jeden Klick auf den gesetzten Link erhalten, teilweise ist dies aber auch erst dann der Fall, wenn eine Kontaktaufnahme mit dem Kunden oder ein Produktkauf zustande kommen. Die gesetzten Links weisen hierbei individuelle Codes auf, durch die der Händler erkennen kann, von welchem Affiliate der Kunde auf seine Website gelenkt wurde.
(Az. HH 2 0120/20; HH 3 0265/20; HH 3 002/21)
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