Die Ergebniszuschlagsregelung, die British Airways anwandte, um die Provisionen der Reisevermittler zu berechnen, stellt einen Missbrauch der beherrschenden Stellung dar, die British Airways auf dem Markt der Luftverkehrsvermittlerdienste im Vereinigten Königreich innehat
British Airways (BA), die größe britische Fluggesellschaft, schloss für den Verkauf ihrer Flugscheine an Reisende mit den von der International Air Transport Association (IATA) anerkannten Reisevermittlern im Vereinigten Königreich Vereinbarungen. Nach diesen Vereinbarungen erhalten die Reisevermittler eine Basisprovision für die verkauften BA-Flugscheine und zusätzliche Prämien, darunter einen Ergebniszuschlag, der nach der Steigerung des Absatzes der BA-Flugscheine von einem Geschäftsjahr zum nächsten berechnet wird.
Am 9. Juli 1993 befasste Virgin Atlantic Airways, eine konkurrierende Fluggesellschaft, die Kommission mit einer gegen diese Vereinbarungen gerichteten Beschwerde.
Nachdem die Kommission ein Untersuchungs- und Ermittlungsverfahren eingeleitet hatte, beschloss BA eine neue Ergebniszuschlagsregelung, die ab 1998 galt. Neben der neuen Provision in Höhe von 7 % konnte jeder Reisevermittler eine zusätzliche Provision von bis zu 3 % für die internationalen Flugscheine und von bis zu 1 % für die Inlandsflugscheine erhalten. Für jeden Prozentpunkt einer Steigerung der Absatzergebnisse über den Richtwert von 95 % der im Vormonat verkauften Flugscheine hinaus konnte der Reisevermittler zu der Basisprovision eine Zusatzprovision von 0,1 % hinzuerhalten, die nicht nur auf die erzielten zusätzlichen Einnahmen anwendbar war, sondern auch auf den Gesamtabsatz von BA-Flugscheinen in dem zugrunde gelegten Referenzzeitraum.
Am 9. Januar 1998 befasste Virgin die Kommission mit einer zweiten Beschwerde gegen diese neue Prämienregelung.
Mit Entscheidung vom 14. Juli 1999 verurteilte die Kommission die Vereinbarungen und die Prämienregelungen, die BA eingeführt hatte, weil sie einen Missbrauch seiner beherrschenden Stellung auf dem britischen Markt für Luftverkehrsvermittlerdienste darstellten, und erlegte ihm eine Geldbuße in Höhe von 6,8 Millionen Euro auf. Nach Auffassung der Kommission haben die Ergebniszuschlagsregelungen zur Folge, die britischen Reisevermittler dazu anzureizen, ihre Absätze von BA-Flugscheinen im Verhältnis zu den Absätzen von Flugscheinen konkurrierender Fluggesellschaften bevorzugt aufrechtzuerhalten oder zu steigern.
BA hat gegen diese Entscheidung Klage beim Gericht erster Instanz erhoben.
Das Gericht weist die Klage von BA ab.
BA hatte zunächst die Zuständigkeit der Kommission bestritten, die Entscheidung vom 14. Juli 1999 zu erlassen, da deren Mitglieder am 16. März 1999 geschlossen zurückgetreten waren und neue Kommissare erst am 15. September 1999 ernannt wurden. Das Gericht stellt fest, dass die zurückgetretenen Kommissare in diesem Zeitraum im Amt geblieben sind und während dieses Zeitraumes bis zu ihrer Ersetzung alle ihre Befugnisse behielten.
Auf das Vorbringen, dass BA diskriminiert worden sei, da es als einziges Luftverkehrsunternehmen verfolgt worden sei, obwohl andere Luftverkehrsunternehmen die gleichen Prämienregelungen angewandt hätten, entgegnet das Gericht, dass der Umstand, dass die Kommission gegenüber diesen anderen Luftverkehrsunternehmen keine Feststellung eines Verstoßes getroffen hat, es nicht rechtfertigt, den zu Lasten von BA festgestellten Verstoß außer Betracht zu lassen. Wenn ein Anhalt für wettbewerbswidrige Verhaltensweisen mehrerer großer Unternehmen desselben Wirtschaftszweigs besteht, ist die Kommission befugt, ihre Bemühungen auf eines der fraglichen Unternehmen zu konzentrieren. Wenn BA der Auffassung ist, dass andere Luftverkehrsunternehmen seinen Regelungen entsprechende Prämienregelungen anwenden, kann es jederzeit die Entscheidung der Kommission anfechten, den Beschwerden, die BA gegen seine Konkurrenten erhoben hat, nicht nachzugehen.
Das Gericht ist der Auffassung, dass die Kommission ihrer Feststellung einer beherrschenden Stellung von BA zu Recht den britischen Markt der Dienstleistungen zugrunde gelegt hat, die die Reisevermittler für den Vertrieb der Flugscheine der Luftverkehrsunternehmen erbringen. Für die Fluggesellschaften stellen die Reisevermittler nämlich einen unerlässlichen Vertriebsweg und folglich einen eigenständigen Markt dar. Daher hat BA als Käufer von Dienstleistungen für den Vertrieb seiner Flugscheine an Reisende im Vereinigten Königreich eine beherrschende Stellung auf diesem sektoriellen Markt inne.
BA hat auch das Vorliegen einer beherrschenden Stellung und das Vorliegen eines Missbrauchs bestritten. Das Gericht ist demgegenüber der Auffassung, dass es feststeht, dass BA angesichts der Anzahl der von ihm angebotenen Plätze, der Anzahl seiner Flüge, der Menge der von den britischen Reisevermittlern verkauften BA-Flugscheine und der Anzahl der Passagierkilometer auf seinen Flügen eine beherrschende Stellung auf dem britischen Markt für Luftverkehrsvermittlerdienste innehat.
Zum Vorliegen eines Missbrauchs stellt das Gericht fest, dass die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung darin bestehen kann, dass unterschiedliche Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern angewandt werden. Dies ist der Fall bei der Ergebniszuschlagsregelung von BA, denn sie konnte für die britischen Flugreisevermittler aufgrund der von Reisevermittler zu Reisevermittler unterschiedlichen Steigerungsraten im Absatz von BA-Flugscheinen zur Anwendung verschiedener Provisionssätze auf einen gleich hohen Einnahmenbetrag führen. Außerdem stellt das Gericht fest, dass diese Ergebniszuschlagsregelung zur Folge hat, dass die Freiheit der britischen Reisevermittler beschränkt wird, ihre Dienstleistungen den Fluggesellschaften ihrer Wahl zu erbringen, und dass damit der Zugang der Fluggesellschaften, die mit BA auf den Flugstrecken von und zu Flughäfen im Vereinigten Königreich konkurrieren, beschränkt wird, ohne dass diese Regelung auf einer wirtschaftlich gerechtfertigten Gegenleistung beruht. Die Kommission hat daher zu Recht den Schluss gezogen, dass BA seine beherrschende Stellung missbraucht hat.
Schließlich bestätigt das Gericht die Höhe der BA auferlegten Geldbuße.
Gegen die Entscheidung des Gerichts kann innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften eingelegt werden.
Urteil des Gerichts erster Instanz in der Rechtssache T-219/99
Quelle: Pressemitteilung des Europäischen Gerichtshofs vom 17.12.2003
Weiterführende Links zu diesem Thema
Urteil des Gerichts erster Instanz in der Rechtssache T-219/99 – British Airways plc / Kommission der Europäischen Gemeinschaften
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