Am 23.01.2019 findet vor dem EuGH in einem von der Wettbewerbszentrale geführten Verfahren zur Frage der Ursprungskennzeichnung von Kulturchampignons die mündliche Verhandlung statt (Rs. C-686/17).
Hintergrund des Verfahrens ist die Frage, ob die Kennzeichnung einer Verpackung frischer Kulturchampignons mit der Angabe „Ursprung: Deutschland“ zulässig ist, wenn die Pilze in den Niederlanden aufgezogen und nur für die Ernte nach Deutschland verbracht werden.
In der Berufungsinstanz hatte das OLG Stuttgart entschieden, dass Kulturchampignons gemäß Art. 23 Zollkodex auch in diesem Fall nur mit der Angabe „Ursprung: Deutschland“ zu versehen sind, wenn die Champignons lediglich für die Ernte nach Deutschland gefahren werden und die Aufzucht in den Niederlanden stattgefunden hat. Für eine zusätzliche Kennzeichnung mit Hinweisen auf die Aufzucht in den Niederlanden besteht nach Auffassung des Berufungsgerichts keine gesetzliche Grundlage, obwohl das Gericht selber eine Irreführung der Verbraucher angenommen hat.
Da es um die Auslegung europarechtlicher Vorschriften geht, hat der BGH das Revisionsverfahren im September 2017 ausgesetzt und dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist für die Bestimmung des Begriffs des Ursprungslands gemäß Art. 113a Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 auf die Begriffsbestimmungen in Art. 23 ff. Zollkodex und Art. 60 Unionszollkodex abzustellen?
Haben Kulturchampignons, die im Inland geerntet werden, gemäß Art. 23 der Verordnung (EWG) Nr. 2992 und Art. 60 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 einen inländischen Ursprung, wenn wesentliche Produktionsschritte in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union erfolgen und die Kulturchampignons erst 3 oder weniger Tage vor der ersten Ernte ins Inland verbracht worden sind?
Ist das Irreführungsverbot des Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i der Richtlinie Nr. 2000/13/EG und des Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 auf die nach Art. 113a Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 vorgeschriebene Ursprungsangabe anzuwenden?
Dürfen der nach Art. 113a Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 und Art. 76 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 vorgeschriebenen Ursprungsangabe aufklärende Zusätze hinzugefügt werden, um einer nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i der Richtlinie Nr. 2000/13/EG sowie Art. 7 Abs. 1 Buchst. A der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 verbotenen Irreführung entgegenzuwirken?
Der Fall ist besonders interessant, da sich hier die Kennzeichnung nach Marktordnungsrecht einerseits und allgemeinem Lebensmittelrecht bzw. Lauterkeitsrecht andererseits gegenüberstehen. Nach der Schließung der mündlichen Verhandlung wird der Generalanwalt seine Schlussanträge stellen. Erst danach wird der EuGH ein Urteil sprechen – welches mit Spannung erwartet wird.
Weiterführende Informationen
https://www.wettbewerbszentrale.de/de/branchen/lebensmittel/ueberblick/ >>
F 4 0784/13
hg
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