Eine grundsätzlich zulässige Preisvergleichswerbung kann irreführend sein, wenn sowohl der Werbende als auch die Mitbewerber zu Handelsgruppen gehören, die jeweils über diverse unterschiedlich große Geschäfte und Geschäftsarten verfügen und der Preisvergleich selektiv von Produkten in den großen Hypermärkten mit denen des Mitbewerbers in den kleinen Supermärkten erfolgt. Wird nämlich dieser Unterschied nicht in der Werbung erwähnt, kann hierdurch die Objektivität des Vergleichs verfälscht werden. Dies hat der EuGH heute auf eine Vorlagefrage des Cour d’appel de Paris (Berufungsgericht Paris, Frankreich) entschieden (Urteil v. 08.02.2017, Rs. C-562/15).
Im vorliegenden Fall warb Carrefour in einer Fernsehwerbekampagne mit einer „Tiefstpreisgarantie Carrefour“. Darin wurden die in den Carrefour-Geschäften verlangten Preise für 500 Waren großer Marken mit denen in Geschäften konkurrierender Handelsgruppen, wie z. B. Intermarché-Geschäfte, verglichen. Falls ein Verbraucher ein Produkt günstiger einkaufen könne, versprach die Werbung ihm die zweifache Preisdifferenz zu erstatten. Dabei waren die für den Vergleich ausgewählten Intermarché-Geschäfte ausnahmslos kleine Supermärkte, während es sich bei sämtlichen Carrefour-Geschäfte um riesige Hypermärkte handelte. Dadurch wurden die in den Geschäften der Handelsgruppe Intermarché vertriebenen Waren systematisch als teurer als die von Carrefour dargestellt.
Der EuGH führt aus, dass die Preise gängiger Verbrauchsgüter je nach der Art oder Größe des Geschäfts variieren könnten. Dies könne zu einem asymmetrischen Vergleich führen, wodurch der Preisunterschied zwischen dem Werbenden und den Mitbewerbern künstlich erzeugt oder vergrößert werden könne. Der Verbraucher könne dadurch irrigerweise glauben, dass er die beworbene Preisersparnis erhalte, wenn er die jeweiligen Waren in allen Geschäften der Handelsgruppe des Werbenden statt in Geschäften konkurrierender Handelsgruppen erwerbe.
Der EuGH stellt ferner fest, dass es sich bei dem Umstand, dass hier das Preisniveau Geschäfte unterschiedlicher Art und Größe verglichen wurde, um eine „wesentliche Information“ im Sinne von Art. 7 der UCP-Richtlinie handelt, die der Verbraucher benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen. Die Werbung ist nach Auffassung des Gerichts daher dann irreführend, wenn der Verbraucher in der Werbung nicht darüber informiert werde, dass der Vergleich zwischen den in den Hypermärkten verlangten Preisen der Handelsgruppe, hier Carrefour, stattfinde und den in kleineren Supermärkten verlangten Preisen der konkurrierende Handelsgruppe, hier Intermarché. Da diese Information in der Werbung nur in kleinerer Schrift unterhalb des Namens „Intermarché“ erschienen sei, müsse nun das Pariser Gericht prüfen, ob diese Information sowohl auf klare Weise bereitgestellt worden als auch in der Werbebotschaft selbst enthalten gewesen sei.
Weiterführende Informationen
Pressemitteilung 12/17 des EuGH vom 08.02.2017 aus der Datenbank curia.europa >>
cb/rm
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