Nach einer aktuellen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs darf ein natürliches Mineralwasser aus einem Mineralwasservorkommen mit verschiedenen Quellen nur unter einem Kennzeichen in den Verkehr gebracht werden, wenn es an allen Entnahmestellen identische Merkmale aufweist (EuGH, Urteil vom 24.06.2015, Rs C-207/14). Bei der Identifizierung eines natürlichen Mineralwassers komme dem Namen seiner Quelle oder gegebenenfalls der Angabe des Ortes seiner Gewinnung eine entscheidende Rolle zu.
In dem Vorabentscheidungsverfahren hat der EuGH über die Auslegung des Begriffes „natürliches Mineralwasser, das aus ein und derselben Quelle stammt“ entschieden. Die Richtlinie 2009/54/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 18. Juni 2009 über die Gewinnung von und den Handel mit natürlichen Mineralwässern (Richtlinie 2009/54/EG >>) regelt die Gewinnung, Kennzeichnung und Werbung mit Mineralwassern. Sie sieht unter anderem in Art. 8 Abs. 2 vor, dass ein Mineralwasser, „das aus ein und der selben Quelle stammt“ nicht unter mehreren gewerblichen Kennzeichen in den Handel gebracht werden darf. Nach Sinn und Zweck der Richtlinie werde mit dem Begriff ein aus einer oder mehreren natürlichen oder künstlich erschlossenen Quellen gewonnenes natürliches Mineralwasser bezeichnet, das seinen Ursprung in ein und demselben unterirdischen Quellvorkommen hat. Voraussetzung ist, dass dieses Wasser im Hinblick auf die in Anhang I dieser Richtlinie genannten Kriterien an allen diesen natürlichen oder künstlich erschlossenen Quellen identische Merkmale aufweist, die im Rahmen natürlicher Schwankungen konstant bleiben.
Hintergrund des Verfahrens
Hintergrund ist ein Verwaltungsverfahren, welches ein slowenisches Unternehmen gegen die Republik Slowenien führte. Das Unternehmen hatte beantragt, für ein Mineralwasser, welches an einer bestimmten Bohrstelle an einem natürlichen Mineralwasservorkommen gewonnen wurde, ein gewerbliches Kennzeichen anzuerkennen. Aus dem gleichen Vorkommen wurde allerdings bereits von einem anderen Unternehmen an einer anderen Quelle Mineralwasser entnommen und unter einem anderen gewerblichen Kennzeichen in den Verkehr gebracht. Das zuständige Ministerium wies den Antrag mit Verweis auf die slowenische Umsetzungsverordnung der Mineralwasser-Richtlinie ab. Diese verlange, dass ein natürliches Mineralwasser, das aus derselben Grundwasserleiter wie das fragliche Wasser stammt, aber aus einer anderen Bohrstelle gewonnen und unter einem anderen Kennzeichen in den Verkehr gebracht werde, keine Anerkennung erhalten könne.
In zweiter Instanz legte dann der Oberste Gerichtshof in Slowenien (Vrhovno sodišče) dem EuGH die Frage vor, wie nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2008/54/EG der Passus „natürliches Mineralwasser, dass aus ein und derselben Quelle stammt“ auszulegen sei.
Der EuGH legte nun den unbestimmten Rechtsbegriff nach Ziel und Sinn der Verordnung aus. In seine Erwägungen bezog er mit ein, dass der Identifizierung eines natürlichen Mineralwassers dem Namen seiner Quelle oder gegebenenfalls der Angabe des Ortes seiner Gewinnung eine entscheidende Rolle zukomme. Die Identifizierung erfolge anhand seiner Merkmale, die sich im Wesentlichen aus der Identität der Quelle ergebe. Der Passus müsse dementsprechend so verstanden werden, dass ein natürliches Mineralwasser gemeint sei, das nicht nur seinen Ursprung in ein und demselben unterirdischen Quellvorkommen habe, sondern zudem dieselben Merkmale aufweise. Dies gebiete auch die Tatsache, dass ein gewerbliches Kennzeichen eines natürlichen Mineralwassers zwangsläufig mit den Merkmalen des Wassers verbunden sei. Würden Mineralwässer, die denselben Ursprung haben und dieselben Merkmale aufweisen unter verschiedenen gewerblichen Kennzeichen verkauft, so würden Verbraucher in die Irre geführt und wären nicht in der Lage, im Hinblick auf den Gesundheitsschutz eine sachkundige Wahl je nach den etwaigen Eigenschaften eines Mineralwassers zu treffen.
Quelle und weiterführende Informationen:
Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 24.06.2015, Rs C-207/14 >>
Mineral- und Tafelwasservordnung
In Deutschland ist die Richtlinie 2009/54/EG im 2. Abschnitt der Mineral- und Tafelwasserverordnung (MTV) >> umgesetzt.
Nach § 2 MTV muss ein „Natürliches Mineralwasser“ folgende besondere Anforderungen erfüllen:
1. Es hat seinen Ursprung in unterirdischen, vor Verunreinigungen geschützten Wasservorkommen und wird aus einer oder mehreren natürlichen oder künstlich erschlossenen Quellen gewonnen;
2. es ist von ursprünglicher Reinheit und gekennzeichnet durch seinen Gehalt an Mineralien, Spurenelementen oder sonstigen Bestandteilen und gegebenenfalls durch bestimmte, insbesondere ernährungsphysiologische Wirkungen;
3. seine Zusammensetzung, seine Temperatur und seine übrigen wesentlichen Merkmale bleiben im Rahmen natürlicher Schwankungen konstant; durch Schwankungen in der Schüttung werden sie nicht verändert.
§ 9 MTV regelt die Irreführung über Mineralwässer:
(1) Ein natürliches Mineralwasser, das aus ein und derselben Quellnutzung stammt, darf nicht unter mehreren Quellnamen oder anderen gewerblichen Kennzeichen in den Verkehr gebracht werden, die den Eindruck erwecken können, das Mineralwasser stamme aus verschiedenen Quellen.
(2) Wird für ein natürliches Mineralwasser auf Etiketten oder Aufschriften oder in der Werbung zusätzlich zum Namen der Quelle oder dem Ort ihrer Nutzung ein anderes gewerbliches Kennzeichen verwendet, das den Eindruck des Namens einer Quelle oder des Ortes einer Quellnutzung erwecken kann, so muss der Name der Quelle oder der Ort ihrer Nutzung in Buchstaben angegeben werden, die mindestens eineinhalbmal so hoch und breit sind wie der größte Buchstabe, der für die Angabe des anderen gewerblichen Kennzeichens benutzt wird.
(3) Wird bei einem natürlichen Mineralwasser im Verkehr oder in der Werbung auf den Gehalt an bestimmten Inhaltsstoffen oder auf eine besondere Eignung des Wassers hingewiesen, so sind bei den in Anlage 6 aufgeführten oder bei gleichsinnigen Angaben die dort genannten Anforderungen einzuhalten.
Praxis der Wettbewerbszentrale im Hinblick auf die Mineral- und Tafelwasserverordnung
In einem von der Wettbewerbszentrale im Jahre 2012 geführten Grundsatzverfahren hat der Bundesgerichtshof zum Begriff „Biomineralwasser entschieden, dass keine Irreführung vorläge, wenn ein „Bio-Mineralwasser“ sich von anderen Mineralwassern dadurch abhebt, dass der Anteil an Rückständen und Schadstoffen besonders niedrig ist (BGH, Urteil vom 13.09.2012, Az. I ZR 230/11 – vgl. News der Wettbewerbszentrale „Bundesgerichtshof erklärt die Bezeichnung „Biomineralwasser“ für zulässig“ >> ).
Zudem ist sie im Zusammenhang mit Mineralwässern mit Anfragen und Beschwerden über Werbung mit Selbstverständlichkeiten beschäftigt, beispielsweise dann, wenn die „Naturbelassenheit“ eines Mineralwassers oder die Tatsache, es sei „ohne Zusätze abgefüllt“ besonders herausgestellt wird, ohne darüber aufzuklären, dass dies bei allen Mineralwässern der Fall ist. § 6 MTV lässt grundsätzlich keine Veränderung natürlichen Mineralwassers zu, ohne dass es seinen Status verliert (M 2 0333/13, M 2 0209/13).
Auch die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen für ein Mineralwasser mit gesundheitsbezogenen oder nährwertbezogenen Aussagen geworben werden darf, wird an die Wettbewerbszentrale herangetragen, vgl Jahresbericht der Wettbewerbszentrale 2014, S. 60, 64 (Jahresbericht 2014 der Wettbewerbszentrale >>).
sb
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