Der Europäische Gerichtshof hat auf die Vorlagefrage des Bayrischen Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass Honig-Portionspackungen, die an Gemeinschaftseinrichtungen abgegeben werden, ein vorverpacktes Lebensmittel darstellen, wenn die Gemeinschaftseinrichtungen diese Portionen einzeln verkaufen oder sie in fertig zusammengestellten Gerichten, die pauschal bezahlt werden, an den Endverbraucher abgeben (EuGH, Urteil vom 22.09.2016, Rs. C- 113/15).
Der Bayrische Verwaltungsgerichtshof hatte dem Europäischen Gerichtshof die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob auf Honigportionspackungen das Ursprungsland angegeben werden muss. Hierbei kommt es entscheidend darauf an, ob es sich bei den Verpackungen um ein vorverpacktes Lebensmittel handelt.
Nach Art. 1 Abs. 3 b Etikettierungs-Richtlinie (RL 2000/13) war unter einem „vorverpackten Lebensmittel“ die Verkaufseinheit zu verstehen, die ohne weitere Verarbeitung an den Endverbraucher und gemeinschaftliche Einrichtungen abgegeben werden soll und die aus einem Lebensmittel und der Verpackung besteht, in die das Lebensmittel vor dem Feilbieten abgepackt worden ist, gleichviel, ob die Verpackung es ganz oder teilweise umschließt, jedoch auf eine Weise, dass der Inhalt nicht verändert werden kann, ohne dass die Verpackung geöffnet werden muss oder eine Veränderung erfährt. Nach Ansicht des EuGH erfüllen die Honigportionspackungen mehrere der Voraussetzungen, um als vorverpacktes Lebensmittel eingestuft werden zu können. Die Packungen seien zum einen dazu bestimmt, nach der Öffnung des Sammelkartons durch die Gemeinschaftseinrichtung, dem Endverbraucher ohne weitere Verarbeitung feilgeboten zu werden. Zum anderen würden diese Portionen vor dem Feilbieten abgepackt, wobei ihre Verpackung sie auf solche Weise ganz umschließe, dass ihr Inhalt nicht verändert werden könne, ohne dass die Verpackung geöffnet werden müsse oder eine Veränderung erfahre. Für die Einstufung als vorverpacktes Lebensmittel spreche auch die Zielsetzung der Richtlinie. Die detaillierte Etikettierung, die Auskunft über die genaue Art und die Merkmale des Erzeugnisses gebe, ermögliche es dem Verbraucher, eine sachkundige Wahl zu treffen.
Art. 2 Nr. 4 a Honig-Richtlinie (RL 2001/110) sehe vor, dass das Ursprungsland auf dem Etikett anzugeben ist, in dem der Honig erzeugt wurde. Aus dem 5. Erwägungsgrund der Richtlinie ergebe sich, dass das Ursprungsland, in dem der Honig erzeugt wurde, auf dem Etikett anzugeben sei, damit den besonderen Interessen der Verbraucher bezüglich der geographischen Merkmale von Honig Rechnung getragen werde und eine vollständige Transparenz in dieser Hinsicht sichergestellt sei.
Eine solche Angabe auf Honig-Portionspackungen trage nach Ansicht des EuGH somit dazu bei, dass der Verbraucher bei der Entscheidung diesen Honig einzeln zu kaufen oder, wenn er als Bestandteil eines pauschal bezahlten Fertiggerichts abgegeben werde, sachkundig seine Wahl treffen könne.
Der EuGH führt jedoch aus, dass nach Art. 13 Abs. 4 Etikettierungs-Richtlinie das Ursprungsland nicht anzugeben ist, wenn die größte Oberfläche bei Verpackungen weniger als 10 cm² beträgt.
Gemäß Art. 53 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1169/2011 (Lebensmittelinformationsverordnung, LMIV) wurde die Etikettierungs-Richtlinie mit Wirkung zum 13. Dezember 2014 aufgehoben. Heute wäre der Fall über die Vorschriften der LMIV zu lösen gewesen. In Art. 9 LMIV sind die Pflichtinformationen geregelt. Die Definition des vorverpackten Lebensmittels ist in Art. 2 Abs. 2 e LMIV enthalten. Art. 16 Abs. 2 LMIV sieht die Ausnahme vom Erfordernis bestimmter verpflichtender Angaben vor, wenn die größte Oberfläche weniger als 10 cm² beträgt.
Unternehmen, die kleine Portionspackungen zum Verkauf an Gemeinschaftseinrichtungen anbieten, sollten überprüfen, ob die Packungen unter die Ausnahme des Art. 16 Abs. 2 LMIV fallen. Ansonsten ist darauf zu achten, dass alle verpflichtenden Informationen über Lebensmittel mit auf die einzelnen Packungen aufgenommen werden.
Weiterführende Informationen
Zur Tätigkeit der Wettbewerbszentrale im Bereich Lebensmittel >>
Jahresbericht 2015 der Wettbewerbszentrale >>
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