Nach einer aktuellen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) darf das Energieetikett auf Staubsaugern keine zusätzlichen Informationen über die Testbedingungen für die Energieeffizienzklasse enthalten (Urteil v. 25.07.2018, Rs. C-632/16).
Allgemeiner rechtlicher Hintergrund
Um Verbrauchern, einen Überblick über die zum Teil stark auseinanderfallenden Effizienzklassen und den durchschnittlichen Energieverbrauch von technischen Produkten zu erleichtern hat die Europäische Kommission zu verschienen Produkten Regelungen zu deren Kennzeichnung erlassen. Die EU-Verordnung (665/2013/EU) regelt die die Etikettierung von Staubsaugern und bestimmt im Anhang II ,wie ein solches Etikett auszusehen hat und welche Angaben es enthalten muss.
Der Fall
Der Herseller Dyson, der Staubsauger ohne Staubbeutel anbietet, beanstandete die Energieverbrauchskennzeichnung der Staubsauger von BSH (Siemens und Bosch), die Staubsauger des klassischen Typs mit integriertem Staubbeutel vertreiben. Dyson erhob gegen BSH eine Klage vor dem Handelsgericht Antwerpen.
Die Kennzeichnung von BSH gebe die Ergebnisse der Energieeffizienztests wieder, die mit einem leeren Beutel durchgeführt worden seien. Die Energieverbrauchskennzeichnung dieser Staubsauger täusche den Verbraucher aber, da sich bei normalem Betrieb die Poren des Beutels, wenn sich dieser mit Staub fülle, schlössen, so dass der Motor eine höhere Leistung entwickeln müsse, damit der Staubsauger die gleiche Saugkraft beibehalte. Die ohne Staubbeutel arbeitenden Staubsauger seien jedoch bei normalem Betrieb nicht von diesem Energieeffizienzverlust betroffen. Das Gericht möchte vom Gerichtshof wissen, ob es im Sinne der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken eine „irreführende Unterlassung“ darstellt, wenn dem Verbraucher Informationen über die Testbedingungen, die zu der auf dem Energieetikett der Staubsauger angegebenen Einstufung geführt haben, vorenthalten werden. Außerdem möchte das Gericht wissen, ob -wie hier- weitere Etiketten oder Symbole angebracht sein dürfen, die nicht in der Verordnung vorgesehen sind.
Die Entscheidung des EuGH
Der EuGH stellt fest, dass auf dem Energieetikett keine Informationen über die Bedingungen, unter denen die Energieeffizienz der Staubsauger gemessen wurde, hinzugefügt werden dürfen und bestätigt damit eine strenge Auslegung der Kennzeichnungsvorschriften.Inhalt und Gestaltung des Etiketts seien von der Verordnung genau festgelegt, ebenso sei dort festgelegt, dass nur das Umweltzeichen der EU auf diesem Etikett hinzugefügt werden könne. Die Verordnung stehe damit der Hinzufügung anderer Angaben als dem Umweltzeichen der EU auf dem Energieetikett, einschließlich solcher zu den Testbedingungen für die Energieeffizienz der Staubsauger, entgegen.
Die Verordnung erwähnt aber in der abschließenden Liste der Informationen, die den Verbrauchern mittels des Energieetiketts mitgeteilt werden müssen, nicht die Testbedingungen. Daher könne eine solche Information nicht als wesentlich angesehen werden und die fehlende Angabe der Testbedingungen sei keine irreführende Unterlassung.
Die Verordnung lege Gestaltung und Inhalt des Etiketts genau und abschließend fest.Sie sehe lediglich vor, dass das Umweltzeichen der EU auf diesem Etikett hinzugefügt werden kann. Diese Einheitlichkeit soll dem Endverbraucher eine bessere Lesbarkeit und eine bessere Vergleichbarkeit der darin enthaltenen Informationen ermöglichen. Die Verordnung steht daher der Hinzufügung anderer Angaben entgegen.
Der Gerichtshof urteilt darüber hinaus, dass die Anbringung von weiteren Etiketten oder Symbolen untersagt ist, wenn erstens diese Etiketten oder Symbole den Anforderungen der Richtlinie nicht entsprechen und zweitens diese Anbringung beim Endverbraucher zu Irreführung oder Unklarheit hinsichtlich des Energieverbrauchs führen kann. Dies müsse das nationale Gericht prüfen, wobei er der Ansicht sei, dass die Etiketten oder Symbole, die von BSH auf der Verpackung angebracht worden seien, nicht den Anforderungen der Richtlinie entsprechen würden.
Entscheidungen des BGH zur Energieverbrauchskennzeichnung
Auch der BGH hat sich in diversen Entscheidungen mit Energieverbrauchskennzeichnungen beschäftigt.
Dabei kommt er zum Beispiel zu dem Ergebnis, dass die Regeln aus der EU-Verordnungen zur Kennzeichnung von Haushaltskühlgeräten und Haushaltsgeschirrspülern Marktverhaltensregelungen i. S. v. § 3a UWG darstellen (BGH, Urteil v. 15.12.2016, Az. I ZR 213/15; Urteil v. 15.12.2016, Az. I ZR 221/15) und die Kennzeichnung der EU-Verordnung (665/2013/EU) entsprechen müssen. Die Angaben zum Energieverbauch müssen auch im Internet erfolgen. Nach einer weiteren Entscheidung des BGH reicht , ein Link neben der Produktabbildung, der zu der auf der Produktseite weiter unten angeführten Beschreibung des Geräts führtenicht aus (BGH, Urteil v. 15.12.2016, Az. I ZR 221/15).
Im aktuellsten Urteil zur Kennzeichnung des Angebots von Klimageräten in einem Online Shop (BGH, Urteil vom 06.04.2017, I ZR 159/16) bestätigt der BGH die strenge Auslegung der Kennzeichnungvorschriften. Zwar habe der EU-Gesetzgeber durch die Verordnungen die Darstellungsmöglichkeiten im Internet im Rahmen einer so genannten „geschachtelten Anzeige“ erleichtert.Die Anzeige müsse aber wie in der Verordnung vorgesehen ausgestaltet sein, also ein Pfeil in Farbe und Ausgestaltung der Energieeffiziensklasse müssse zu dem vorgesehenen Etikett führen. Ein Link mit dem Hinweis „mehr zum Artikel“ sei vom EU Gesetzgeber gerade nicht vorgesehen.
Verfahren der Wettbewerbszentrale
Die Wettbewerbszentrale will im Rahmen eines Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens beim BGH (I ZR 184/17) klären lassen, dass die Nichteinhaltung der strengen auch formellen Vorgaben zur Energieverbrauchskennzeichnung einen Wettbewerbsverstoß darstellen.
Im konkreten Fall hatte ein Onlineshop auf einer Übersichtsseite nicht nur eine falsche Energieeffizienzklasse angegeben. Entgegen der strengen gesetzlichen Vorgaben war die Angabe auch nicht in Form einer geschachtelten Anzeige ausgestaltet, die es dem Verbraucher ermöglicht, das konkrete Energielabel beim Klick auf den Pfeil, der die Energieeffizienz angibt, abzurufen.
Das Oberlandesgericht München sah in der Ausgestaltung der Seite des Online Shops zwar einen Verstoß gegen die europaweit geltenden Regelungen zur Kennzeichnung, sah aber keinen Wettbewerbsverstoß ,weil es die gewählte Darstellungsform „sogar für den Verbraucher besser sei“ Der BGH nach der Entscheidung des EuGH nochmals Gelegenheit erhalten, zu den strengen Kennzeichnungsvorschriften Stellung zu nehmen.
Ausblick zur künftigen Energieverbrauchskennzeichnung
Die Energieverbrauskennzeichnung wird sich in den nächsten 2 Jahren grundlegend ändern. Denn die seit dem 1.8.2017 geltende EU-Rahmenverordnung zur Energieverbrauchskennzeichnung (EU) 2017/1369) hat die zuvor geltende Richtlinie 2010/30/EU zur Energieverbrauchskennzeichnung abgelöst . In Zukunft wird der Energieverbrauch von Geräten nur noch mit den Buchstaben A bis G gekennzeichnet. Pluszeichen wie A+++ werden dann nicht mehr zulässig sein. Der Geltungsbereich der EU-Rahmenverordnung bekommt für die Händler erst durch die sog. noch zu erlassende delegierten Verordnungen rechtliche Verbindlichkeit, die für die einzelnen Produktgruppen verpflichtende Anforderungen zur Energieverbrauchskennzeichnung neu setzen werden , wie in dem Fall oben die EU-Verordnung (665/2013/EU) für Staubsauger.
Weiterführende Informationen
Pressemitteilung Nr. 117/18 des EuGH v. 25.07.2018 >>
Entscheidungen zum Thema Energieverbrauchskennzeichnung im Angebot der Wettbewerbszentrale (Login erforderlich)
BGH, Urteil v. 15.12.2016, Az. I ZR 221/15 >>
BGH, Urteil v. 15.12.2016, Az. I ZR 213/15 >>
OLG Hamm, Urteil v. 25.08.2015, Az. 4 U 165/14 >>
cb/pbg
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