Der EuGH hat mit Urteil vom 16. April 2015, Rs. C-388/13, entschieden, dass die Erteilung einer falschen Auskunft durch einen Gewerbetreibenden an einen Verbraucher als „irreführende Geschäftspraxis“ im Sinne der Richtlinie 2005/29/EG einzustufen ist, auch wenn diese Auskunftserteilung nur einen einzelnen Verbraucher betrifft.
Mit dieser Entscheidung beantwortete der EuGH die Vorlagefrage der Kúria, dem obersten Rechtsprechungsorgan in Ungarn. In dem zu entscheidenden Fall ging es darum, dass ein Unternehmer einem Verbraucher im Zusammenhang mit der Durchführung eines Vertrages eine falsche Auskunft erteilt hatte, mit der Folge, dass der Verbraucher aufgrund der falschen Auskunft den Vertrag nicht rechtzeitig kündigen konnte. Dadurch waren dem Verbraucher zusätzliche Kosten entstanden. Für die Kúria stellte sich die Frage, ob eine einzelne und einmalige Handlung eines Gewerbetreibenden gegenüber einem Verbraucher überhaupt eine Geschäftspraktik im Sinne der UGP-Richtlinie sein kann. Der Generalanwalt war der Ansicht, dass in einem solchen Einzelfall keine Geschäftspraktik zu sehen sei. Denn die Terminologie „Praktik“ setze voraus, dass das betreffende Verhalten sich entweder an eine unbestimmte Gruppe von Adressaten richtet oder das Verhalten im Verhältnis zu mehr als einem Verbraucher wiederholt wird.
Der EuGH folgte dieser Auffassung nicht, sondern stellte klar, dass es für das Vorliegen einer Geschäftspraxis im Sinne der UGP-Richtlinie völlig unbeachtlich sei, ob das Verhalten des betreffenden Gewerbetreibenden nur einmal vorkommt und nur einen Verbraucher betrifft. Die UGP-Richtlinie enthalte keinen Hinweis darauf, dass die Handlung oder die Unterlassung eines Gewerbetreibenden sich wiederholen oder mehr als ein Verbraucher davon betroffen sein müsste. Vielmehr könne nur durch eine weite Auslegung die volle Wirksamkeit der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken sichergestellt werden, welches ein hohes Verbraucherschutzniveau gewährleistet.
Weiter führte der EuGH aus, dass es in diesem Zusammenhang „gänzlich unbeachtlich ist, ob ein Verhalten mutmaßlich nicht auf Vorsatz beruht“. Für die Anwendung des Irreführungsverbots reiche es aus, wenn nur objektiv falsche Auskunft erteilt wird, die geeignet ist, einen nachteiligen Einfluss auf eine geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers auszuüben.
Weiterführende Hinweise
EuGH, Urteil vom 16. April 2015, Rs. C-388/13 >>
spk
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