Fluggesellschaften dürfen in ihren Allgemeine Geschäftsbedingungen keine pauschale Bearbeitungsgebühr für eine Flugstornierung vorsehen und müssen neben dem Endpreis zusätzlich weitere Preise auflisten wie z. B. die Luftfrachtrate, die Steuern, die Flughafengebühren.
Dies hat der EuGH (Rs. C‐290/16 ) in einem aktuellen Urteil entschieden. Nach Art. 23 Abs. 1 Satz 3 Buchst. b, c und d Luftverkehrsdienste-VO (1008/2008/EG) seien Fluggesellschaften verpflichtet nicht nur den Endpreis für einen Flug ausweisen, sondern zusätzlich für die Transparenz folgende Preise für den Kunden aufzulisten: den Flugpreis bzw. die Luftfrachtrate, die Steuern, die Flughafengebühren und die sonstigen Gebühren, Zuschläge und Entgelte, wie etwa diejenigen, die mit der Sicherheit oder dem Kraftstoff in Zusammenhang stehen. Allerdings müssen die Fluggesellschaften diese Preise nur dann zusätzlich zum Endpreis angeben, wenn die Fluggesellschaft die genannten Posten dem Flugpreis bzw. der Luftfrachtrate hinzugerechnet hat, weil sie sich entschieden hat, diese Posten an ihre Kunden weiterzugeben. Will die Gesellschaft diese Kosten selber tragen, müssen diese auch nicht i. S. v. Art. 23 Abs. 1 Satz 3 Buchst. b, c und d Luftverkehrsdienste-VO (1008/2008/EG) ausgewiesen werden.
Außerdem dürfen Fluggesellschaften in ihren Allgemeine Geschäftsbedingungen keine pauschale Bearbeitungsgebühr für eine Flugstornierung vorsehen. Auch wenn Luftfahrtunternehmen ihre Flugpreise nach Art. 22 Abs. 1 der Luftverkehrsdienste-VO (1008/2008/EG) frei festlegen dürfen, müssen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Fluggesellschaften, der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB standhalten. Denn Art. 22 Abs. 1 Luftverkehrsdienste-VO (1008/2008/EG) ist dahin auszulegen, dass er dem nicht entgegensteht, dass die Anwendung einer nationalen Regelung zur Umsetzung der Richtlinie 93/13 zur Nichtigerklärung einer Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen führen kann, nach der von Kunden, die einen Flug nicht angetreten oder storniert haben, gesonderte pauschalierte Bearbeitungsentgelte erhoben werden können.
Hintergrund der Entscheidung ist eine Klage gegen Air Berlin. In deren Allgemeinen Geschäftsbedingungen befand sich eine Klausel, nach der Air Berlin bei der Rückerstattung eines Preises ein Bearbeitungsentgelt in Höhe von 25 Euro einbehalten darf, wenn ein Reiseteilnehmer eine Buchung für einen Flug im Spartarif storniert oder den Flug nicht antritt. Der Kläger war der Auffassung, dass diese Klausel nach deutschem Recht wegen unangemessener Benachteiligung der Kunden unwirksam sei. Außerdem dürfe Air Berlin für die Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung kein gesondertes Entgelt verlangen. Ebenfalls störte sich der Kläger an der Preisdarstellung auf der Website von Air Berlin. Bei einer Online-Probebuchung stellte eer fest, dass die ausgewiesenen Steuern und Gebühren viel niedriger waren als die tatsächlich an die betreffenden Flughafen abzuführenden. Hierin sah der Kläger einen Verstoß gegen die geforderte Preistransparenz in der Luftverkehrsdienste-VO (1008/2008/EG).
Der Bundesgerichtshof legte dem EuGH daraufhin zwei Vorlagefragen zur Entscheidung vor:
Ist die Bestimmung des Art. 23 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung Nr. 1008/2008 dahin auszulegen, dass Luftfahrtunternehmen die in den Buchst. b bis d genannten Steuern, Flughafengebühren und sonstigen Gebühren, Zuschläge und Entgelte bei der Veröffentlichung ihrer Flugpreise in der ihnen tatsächlich entstehenden Höhe ausweisen müssen und daher nicht teilweise in ihre Flugpreise gemäß dem Buchst. a dieser Bestimmung einbeziehen dürfen?
Ist die Bestimmung des Art. 22 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1008/2008 dahin auszulegen, dass sie der Anwendung einer nationalen Regelung zum Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die ihre Grundlage im Unionsrecht hat, entgegensteht, nach der von Kunden, die einen Flug nicht angetreten oder storniert haben, dafür kein gesondertes Bearbeitungsentgelt erhoben werden kann?
Diese Vorlagefragen beantwortete der EuGH wie folgt:
Art. 23 Abs. 1 Satz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft ist dahin auszulegen, dass Luftfahrtunternehmen die von den Kunden für die Steuern, die Flughafengebühren und die sonstigen Gebühren, Zuschläge und Entgelte im Sinne von Art. 23 Abs. 1 Satz 3 Buchst. b bis d dieser Verordnung geschuldeten Beträge bei der Veröffentlichung ihrer Flugpreise gesondert ausweisen müssen und sie daher nicht – auch nicht teilweise – in den Flugpreis gemäß Art. 23 Abs. 1 Satz 3 Buchst. a der Verordnung einbeziehen dürfen.
Art. 22 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1008/2008 ist dahin auszulegen, dass er dem nicht entgegensteht, dass die Anwendung einer nationalen Regelung zur Umsetzung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen zur Nichtigerklärung einer Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen führen kann, nach der von Kunden, die einen Flug nicht angetreten oder storniert haben, gesonderte pauschalierte Bearbeitungsentgelte erhoben werden können.
Weiterführende Informationen
Urteil des Gerichtshofs vom 06.07.2017, Rs. C‑290/16 >>
cb
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