– LG Stuttgart (Urteil vom 12.12.2019, Az. 11 O 334/19) und OLG Stuttgart (Hinweisbeschluss vom 29.04.2020, Az. 2 U 10/20) bestätigen Auffassung der Wettbewerbszentrale –
Die Werbung für die Nachrüstung elektronischer Komfort-, Fahrassistenz- und Kommunikationssysteme, bei denen in den Bordcomputer eines Fahrzeuges eingegriffen wird, ist wettbewerbswidrig, wenn der Werbende nicht mit dem Kraftfahrzeugtechnikerhandwerk in die Handwerksrolle eingetragen ist. Gleiches gilt für das Codieren von Steuergeräten fahrzeugtechnischer Systeme und das Auslesen von Fehlern in der Elektronik von Fahrzeugen. Solche Leistungen benötigen im Interesse der Verkehrssicherheit ein Höchstmaß an Sachkunde und machen den Kernbereich des Kraftfahrzeugtechnikerhandwerks aus.
Sachverhalt
Der Inhaber einer Kfz-Werkstatt hatte in seinem Auftritt im Internet für die elektronische Nachrüstung von Fahrzeugen mit Ausstattungselementen wie „Park Distance Control“, „Rückfahrkamera“, „Navigation Professional“, „Head-Up-Display“ usw. geworben, außerdem mit der Codierung von Steuergeräten einzelner fahrzeugtechnischer Systeme und dem Auslesen von Fehlern in der Elektronik der Fahrzeuge. Eine Eintragung mit dem Kraftfahrzeugtechnikerhandwerk in der Handwerksrolle bestand nicht. Die Wettbewerbszentrale war der Auffassung, dass die beworbenen Leistungen zum Kernbereich des Kraftfahrzeugtechnikerhandwerks gehören und daher den entsprechend in die Handwerksrolle eingetragenen Betrieben vorbehalten sind. Sie beanstandete die Werbung als unlauter und erhob Klage, da sich der Werbende darauf berief, die beworbenen Leistungen könnten dem Berufsbild des Kraftfahrzeugtechnikers nicht zugeordnet werden. Es handele sich vornehmlich um Programmierungen.
Entscheidungen des LG Stuttgart und des OLG Stuttgart
Das LG Stuttgart gab der Klage mit Urteil vom 12.12.2019 statt. Im anschließenden Berufungsverfahren kündigte das OLG Stuttgart seine Absicht an, die Berufung zurückzuweisen (Hinweisbeschluss vom 29.04.2020). Solche wie die beworbenen Leistungen, bei denen in den Bordcomputer des Fahrzeuges eingegriffen werde, gehörten ebenso wie das Codieren von Steuergeräten fahrzeugtechnischer Systeme und das Auslesen von Fehlern in der Elektronik eines Fahrzeuges zum Kernbereich des Kraftfahrzeugtechnikerhandwerks und verliehen ihm sein essentielles Gepräge. Heutige Fahrzeuge verfügten über eine Vielzahl von Informations-, Kommunikations-, Komfort-, Sicherheits- und Fahrassistenzsystemen, weswegen die Tätigkeit des Kraftfahrzeugmechatronikers in Bezug auf diese System gleichbedeutend neben der Tätigkeit an den mechanischen oder sonstigen elektronischen Bauteilen eines Fahrzeuges stände. Dies decke sich auch mit dem Meisterprüfungsberufsbild der Kraftfahrzeugtechnikermeisterverordnung (KfzTechMstrV) in § 2 Abs. 2 Nr. 4 und Nr. 7 KfzTechMstrV (Fassung aus dem Jahr 2000). Die werbende Kfz-Werkstatt nahm daraufhin die Berufung zurück.
Ergänzende Hinweise
In der novellierten Fassung des § 2 KfzTechMstrV, die am 01.07.2020 in Kraft getreten ist, werden in § 2 Nr. 5 lit. b) KfzTechMstrV das Überprüfen, Instandhalten, Nachrüsten und Vernetzen mechanischer, pneumatischer, hydraulischer, elektrischer, elektronischer und mechatronischer Systeme, insbesondere Antriebs-, Brems-, Steuerungs-, Fahrwerks-, Sicherheits-, Komfort-, Assistenz- und Zusatzsysteme, als berufsbildprägende Leistungen des Kraftfahrzeugtechnikerhandwerks ausdrückglich genannt. Eines Rückgriffs auf die bereits im Jahr 2013 novellierte Kraftfahrzeugmechatronikerausbildungsverordnung (KfzMechaAusbV), wie ihn noch LG Stuttgart und OLG Stuttgart vorgenommen haben, bedarf es damit in Zukunft nicht mehr.
Die Änderung der Bezeichnung des Ausbildungsberufs (= „Kraftfahrzeugmechatroniker“ aus dem ehemaligen Kraftfahrzeugmechaniker und Kraftfahrzeugelektriker), hat sich in der Novelle der Kraftfahrzeugtechnikermeisterverordnung (KfzTechMstrV) nicht durchgesetzt. Der Meistertitel lautet unverändert „Kraftfahrzeugtechnikermeister“.
M 3 0033/16
sp
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