Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde einer niederländischen Apotheke nicht zur Entscheidung angenommen. Die Beschwerdeführerin und Antragstellerin in diesem Verfahren ist eine Aktiengesellschaft niederländischen Rechts und betreibt eine Vollsortiment-Apotheke, die Arzneimittel hauptsächlich auf Bestellung über Fernkommunikationsmittel (Post, Telefon, Internet) per Kurierdienst an Kunden liefert. Bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel gewährt sie deutschen Kunden so genannte Boni.
Die Apotheke wandte sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde und dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen das Inkrafttreten von § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG >> durch das Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften im Jahr 2012. Nach dieser Vorschrift gilt die Arzneimittelpreisverordnung auch für Arzneimittel, die von einer Apotheke eines anderen Mitgliedsstaates an deutsche Kunden ausgeliefert werden. Die niederländische Apotheke rügte eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz sowie die Missachtung von Unionsrecht.
Das Bundesverfassungsgericht hielt die Verfassungsbeschwerde für unzulässig. Offen ließ es, ob sich die Beschwerdeführerin als ausländische juristische Person auf Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz berufen kann. Es erscheine aber denkbar, das bei inländischen juristischen Personen über Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz gewährleistete Schutzniveau bei ausländischen juristischen Personen über das subsidiär anwendbare allgemeine Freiheitsgrundrecht des Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz sicherzustellen. Dessen Verletzung könnte die Beschwerdeführerin mit der Verfassungsbeschwerde geltend machen.
Das Bundesverfassungsgericht wirft der niederländischen Apotheke in seinem Beschluss allerdings vor, dass sie die von ihr behauptete Verletzung ihrer Rechte nicht substantiiert dargelegt habe. Die Richter kommen zu dem Ergebnis, dass sich die Beschwerdeschrift nicht näher mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Einschränkung der Grundrechte auseinandergesetzt habe. Letztlich kommt das Gericht zu dem Schluss, dass der Gesetzgeber die Verfahrensvorschriften beim Erlass des Zweiten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19.10.2012 eingehalten habe, § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG damit den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügen dürfte.
Am Rande äußert sich das Bundesverfassungsgericht auch zur materiellen Vereinbarkeit von § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG. Wörtlich heißt es:
„Das Bundesverfassungsgericht hat in der Preisregulierung durch die seit dem 1. Januar 1978 geltende Arzneimittelpreisverordnung keinen Verfassungsverstoß gesehen. … Auch hat es festgestellt, dass eine geordnete Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln die vorrangige Aufgabe des Apothekers ist, hinter der das Streben nach Gewinn zurückzutreten hat. … Warum sich für die mit § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG bewirkte ausdrückliche Erstreckung der Arzneimittelpreisverordnung auf Arzneimittel, die erst in den Geltungsbereich des Grundgesetzes verbracht werden, insoweit eine andere verfassungsrechtliche Bewertung ergeben sollte, ist nicht ersichtlich.“
Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 04.11.2015, Az. 2 BvQ 56/12, 2 BvR 282/13
ck
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