Das Bundeskabinett hat am 28.01.2004 einen Gesetzentwurf zur Änderung von Vorschriften über Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen beschlossen. Wer beispielsweise Kredite per Post aufnimmt, eine Versicherung oder einen Rentenvertrag im Internet abschließt oder eine Geldanlage per Fax erwirbt, soll künftig besser geschützt werden.
Die Anbieter sollen zu umfassender Information verpflichtet werden; außerdem sollen Verbraucher grundsätzlich ein vierzehntägiges Widerrufsrecht haben, wie es beispielsweise im Versandhandel bereits besteht.
Der Gesetzentwurf dient der Umsetzung der EU-Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher vom 23. September 2003 in deutsches Recht. Die bisher geltenden Vorschriften über Fernabsatzverträge klammern entsprechend der „allgemeinen“ Fernabsatzrichtlinie von 1997 Finanzdienstleistungen aus. Die Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen und ihre Umsetzung schließen damit eine Lücke im Verbraucherschutz.
In der Praxis wird sich eine von den neuen Vorschriften erfasste Transaktion künftig etwa wie folgt darstellen: Ein Verbraucher will im Internet ein Sparkonto eröffnen. Er erhält vor Vertragsschluss umfassende Informationen vom Anbieter, beispielsweise zu Ansprechpartnern, Produkt(z. B. Zinssätze, Kündigungsfristen) und Vertragsmodalitäten. Diese Informationen werden dem Verbraucher auch in Textform, also beispielsweise auf Papier oder per EMail, mitgeteilt. Selbstverständlich gelten sonstige Anforderungen an das Geschäft, bei einer Kontoeröffnung etwa hinsichtlich der Identifizierung, weiter. Der Verbraucher kann den Vertrag grundsätzlich binnen zwei Wochen widerrufen. Hat er allerdings nicht alle Informationen ordnungsgemäß erhalten, besteht sein Widerrufsrecht unbegrenzt. Hat der Verbraucher den Widerruf fristgemäß erklärt, wird der Vertrag rückabgewickelt. Wenn der Verbraucher in dem genannten Beispiel bereits Beträge auf das Konto eingezahlt hat, erhält er diese zurück. Sollte ein Verbraucher ein Darlehen aufgenommen haben, muss er den Kreditbetrag zurückzahlen; die zwischenzeitlich angefallenen Kreditzinsen muss er allerdings nur dann bezahlen, wenn er zuvor darauf hingewiesen worden ist. Kein Widerrufsrecht hat ein Verbraucher, der beispielsweise Aktien oder andere handelbare Wertpapiere per Telefon oder im Internet gekauft hat. Denn deren Preis unterliegt auf dem Finanzmarkt Schwankungen, die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können. Das Widerrufsrecht soll den Verbraucher aber nur vor übereilter Entscheidung schützen, ihm jedoch nicht Gelegenheit zu Spekulationen geben. Der Verbraucher kann den Vertrag auch dann nicht widerrufen, wenn er bereits beiderseitig erfüllt worden ist und der Verbraucher dem ausdrücklich zugestimmt hat. Sollten Streitigkeiten aus dem Geschäft entstehen, kann der Verbraucher eine Schlichtungsstelle anrufen. Diese wird bei der Deutschen Bundesbank eingerichtet; einbezogen werden auch die Verbände des Kreditgewerbes, die bisher bei der Schlichtung von Streitigkeiten aus Überweisungen beteiligt waren. Damit wird das aus dem Überweisungsbereich bewährte Streitbeilegungsmodell weiter ausgedehnt. Auch wenn Versicherungsverträge im Fernabsatz – z. B. am Telefon oder durch E-Mail – abgeschlossen werden, sind die Informationspflichten zu beachten; dies wird durch Änderungen des Versicherungsvertragsgesetzes geregelt. Bei nicht vollständiger oder fehlerhafter Information kann der Versicherungsnehmer den Vertrag auch nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist widerrufen, sofern er noch keine Versicherungsleistungen in Anspruch genommen hat. Die für das erste Jahr gezahlten Prämien und die auf die Zeit nach dem Widerruf entfallenden Prämien sind ihm dann zurück zu erstatten. Für Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Fernabsatz von Versicherungen erfolgt die außergerichtliche Streitschlichtung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht oder die Versicherungsombudsmänner.
Quelle: Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums vom 28.01.2004
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