Home News Bundesgerichtshof: Zur Strafbarkeit des unberechtigten Herstellens von Audio-CDs für einen Auftraggeber im Ausland

Bundesgerichtshof: Zur Strafbarkeit des unberechtigten Herstellens von Audio-CDs für einen Auftraggeber im Ausland

Der Bundesgerichtshof hatte darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang sich der Geschäftsführer eines CD-Presswerks nach deutschem Urheberrecht strafbar gemacht hat, indem unter seiner Mitwirkung für einen ausländischen Auftraggeber unberechtigt Audio-CDs hergestellt und exportiert wurden.

Der Bundesgerichtshof hatte darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang sich der Geschäftsführer eines CD-Presswerks nach deutschem Urheberrecht strafbar gemacht hat, indem unter seiner Mitwirkung für einen ausländischen Auftraggeber unberechtigt Audio-CDs hergestellt und exportiert wurden.

Das Landgericht Frankfurt am Main hat den Angeklagten wegen unerlaubten Eingriffs in „Verwandte Schutzrechte“ (Verwertung von Tonträgern entgegen § 85 Urheberrechtsgesetz) zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat sowohl die Revision des Angeklagten als auch die Revision der Staatsanwaltschaft, die sich allein gegen das Unterbleiben einer Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Tatbegehung richtete, verworfen.

Der Angeklagte war Geschäftsführer der TD GmbH, die Audio-CDs herstellte und vertrieb. Im Auftrag einer bulgarischen Firma stellte TD zwischen Mai 1994 und Januar 1996 insgesamt 268.090 Audio-CDs her und versandte diese per Luftfracht nach Bulgarien. Bei den vervielfältigten Produktionen handelte es sich um Aufnahmen bekannter Interpreten aus dem Bereich der internationalen Popmusik. Die Verwertungsrechte der durchweg ausländischen Tonträgerhersteller lagen für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland bei verschiedenen deutschen Tochter- oder Schwestergesellschaften renommierter Musikfirmen. Weder die bulgarischen Auftraggeber noch TD hatten die erforderliche Einwilligung der Inhaber der jeweiligen Tonträgerherstellerrechte für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingeholt. Der Angeklagte wußte dies und nahm die Verletzung fremder Herstellerrechte billigend in Kauf.

Der Senat hat im Ergebnis die Rechtsauffassung des Landgerichts bestätigt, wonach das Verhalten des Angeklagten den Straftatbestand des § 108 Abs. 1 Nr. 5 Urheberrechtsgesetz erfüllt. Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer ohne Einwilligung des Berechtigten einen Tonträger vervielfältigt oder verbreitet. Die Strafbarkeit richtet sich wegen des im Urheberrecht geltenden Territorialitäts- und Schutzlandsprinzips ausschließlich nach deutschem Urheberrecht. Die deutschen Leistungsschutzrechte, die auf Lizenznehmer übertragbar sind, gelten auch für die Tonträger der im vorliegenden Fall betroffenen Hersteller, die ihren Sitz in den Vereinigten Staaten oder im Bereich der Europäischen Union haben. Dies ergibt sich aus § 126 UrhG in Verbindung mit dem Genfer Tonträger-Abkommen von 1973, dem die USA und Deutschland 1974 beigetreten sind. Da der strafrechtliche Schutz des Urheberrechtsgesetzes an den zivilrechtlichen Urheber- und Leistungsschutz anknüpft (Urheberrechtsakzessorietät), sind jedoch – abweichend von § 7 StGB – nur im Inland begangene Verletzungshandlungen strafrechtlich relevant. Die inländischen Leistungsschutzrechte wurden hier nicht nur durch das Vervielfältigen der Tonträger, sondern auch durch deren Versand ins Ausland verletzt. Der Versand von unberechtigt hergestellten Tonträgern ins Ausland ist urherberrechtsverletzendes Inverkehrbringen im Inland. Dies ist im Patent- und Warenzeichen-/Markenrecht seit langem allgemein anerkannt. Der Senat hat diese Rechtsgrundsätze nunmehr erstmals auch auf den strafrechtlichen Schutz im Bereich der Tonträgerherstellerrechte übertragen. Über eine für das Inland wirksame Einwilligung eines möglichen Berechtigten für das Vervielfältigen und Verbreiten der Tonträger verfügten weder die Firma TD noch der Angeklagte. Da sich die Rechtmäßigkeit der Verwertungshandlungen ausschließlich nach deutschem Recht richtet, kam es nicht darauf an, ob die Auftraggeber über eine Einwilligung für Bulgarien verfügten.

Auch die Revision der Staatsanwaltschaft blieb ohne Erfolg. Das Landgericht hat gewerbsmäßiges Handeln des Angeklagten ohne Rechtsfehler verneint, da nicht festgestellt werden konnte, dass der Angeklagte selbst unmittelbar oder mittelbar wirtschaftliche Vorteile aus den Preßaufträgen erzielt hat oder erzielen wollte.

Urteil vom 3. März 2004 – 2 StR 109/03

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 03.03.2004

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