Eine vergleichende Werbung ist zulässig, wenn sie sich auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften einer Ware bezieht. Eine solche Eigenschaft kann nach einer erst kürzlich veröffentlichten Entscheidung des Bundesgerichtshofs, bei einer an Facheinkäufer gerichteten Werbung die Umsatzzuwächse von Produkten sein.
Um die Nachprüfbarkeit einer solchen Eigenschaft zu ermöglichen, muss der Werbende dem durch die Werbung angesprochenen Verkehrsteilnehmer mitteilen, auf welche Art er sich über die dem Werbevergleich zugrunde liegenden Einzelheiten leicht informieren kann, um dessen Richtigkeit beurteilen zu können.
Um eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung bejahen zu können müssen die angesprochenen Verkehrskreise auch tatsächlich Gefahr laufen, über die Eigenschaft des Produkts getäuscht zu werden. Dies kann z.B. nicht der Fall sein, wenn es sich bei den angesprochenen Verkehrskreisen um Facheinkäufer und Fachverkäufer und nicht um Betreiber kleiner Verkaufsstellen oder Endverbraucher handelt.
Der Fall:
In der Zeitschrift „SG Süßwarenhandel“, die sich ausschließlich an den Fachhandel richtet, warb Haribo mit einem Werbevergleich für sein Produkt „COLOR-RADO“. Unter anderem hieß es in der Werbung:
„Haribo „COLOR-RADO“ ist größer als alle Katjes-Lakritzprodukte! Color-Rado + 6,8%, Haribo +4,4 %, Der Markt wächst um 3% , Weitere Gewinner: Haribo Konfekt + 5,1%, Haribo Schnecken: + 9,6%, Color-Rado erzielt über 50 % des Marktwachstums.“
Zusätzlich war in der Werbung eine Tüte „COLOR-RADO“ abgebildet und die oben zuerst genannten Prozentangaben waren als Säulendiagramm dargestellt. Weiterhin befand sich oben links in der Werbung die Quellenangabe für die Wachstumsangaben.
Katjes hält den in der Werbeanzeige enthaltenen Vergleich mangels Nachprüfbarkeit für wettbewerbsrechtlich unlauter. Haribo setze den Umsatzzuwachs von „HARIBO COLOR-RADO“ in das Verhältnis zu den Umsätzen der Lakritzwaren von Katjes, ohne die Umsatzzuwächse der Katjes-Produkte in der Werbung anzuführen. Zudem fehlten Angaben zum Zeitraum, auf den sich die Umsatzzuwächse bezögen.
Katjes hat die Werbung außerdem als irreführend beanstandet. Denn Haribo erwecke in der Anzeige bei den angesprochenen Verkehrskreisen den unrichtigen Eindruck, „HARIBO COLOR-RADO“ sei ein Lakritzprodukt.
Der Bundesgerichtshof führt zu dieser vergleichenden Werbung aus:
Für eine zulässige vergleichende Werbung müssen die Umsatzzuwächse zunächst eine Eigenschaft i.S.v § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG sein. Dies bejaht der Bundesgerichtshof. Der Begriff der Eigenschaft sei weit zu verstehen. Es komme darauf an, ob die potentiellen Käufer aus der Angabe eine nützliche Information für ihre Entscheidung zum Kauf erhalten. Für Facheinkäufer, die im vorliegenden Fall mit dieser Werbung angesprochen wurden, sind auch Umsatzzahlen und Umsatzzuwächse von Produkten relevant. Sie können daraus Schlussfolgerungen für ihr künftiges Bestellverhalten ziehen.
Die Umsatzzuwächse sind im vorliegenden Fall auch nachprüfbar i.S. von § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Bei der Frage der Nachprüfbarkeit ist es nicht erforderlich, dass die angesprochenen Verkehrskreise die in dem Werbevergleich angeführten Eigenschaften selbst überprüfen können. Ausreichend ist vielmehr, dass die Aussage, gegebenenfalls durch einen Sachverständigen, überprüft werden kann. Der Werbende muss allerdings die durch die Werbung angesprochenen Verkehrskreise darüber informieren, auf welche Art sie die Bestandteile des Werbevergleichs leicht in Erfahrung bringen können, um dessen Richtigkeit nachprüfen zu können, und er muss in der Lage sein, die Richtigkeit seiner Werbung in einem Prozess kurzfristig nachzuweisen
Haribo hat im vorliegenden Fall – von Katjes unwidersprochen – vorgetragen, dass die Umsatzentwicklungen der in Rede stehenden Produkte von dem in der Werbung als Quelle angegebenen Marktforschungsinstitut N. monatlich ermittelt werden und die in der angegriffenen Werbung wiedergegebenen Steigerungsraten der Umsätze des Produkts „COLOR-RADO“ und des Lakritzmarktes insgesamt den Erhebungen von N. entsprechen. Soweit Katjes nicht selbst auf die Ergebnisse des Instituts N. zugreifen konnte, hätte sie Haribo auffordern können, ihr die entsprechenden Marktforschungsergebnisse zugänglich zu machen. Dies ist seitens Katjes nicht geschehen. Daher handelte es sich bei der Anzeige um eine zulässige vergleichende Werbung i.S. von § 6 UWG.
Katjes hatte die Aussage „Haribo „COLOR-RADO“ ist größer als alle Katjes-Lakritzprodukte!“ außerdem als irreführend beanstandet, weil hier behauptet würde, dass Color-Rado ein Lakritzprodukt sei, obwohl das Produkt auch Gummistücke und Zuckerwaren enthält. Der Bundesgerichtshof ist dieser Auffassung nicht gefolgt. Für eine Irreführung reiche es nicht aus, dass Color-Rado unrichtig bezeichnet werde. Die angesprochenen Verkehrskreise müssten auch tatsächlich Gefahr laufen, über die Eigenschaft des Produkts getäuscht zu werden. Mit der Haribo-Werbung wurde ausschließlich das Fachpublikum angesprochen, dem das Produkt von Haribo zumindest ganz überwiegend bekannt ist. Für eine Irreführung genügt es nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht, dass die beanstandete Werbung allenfalls geeignet ist, einen nur geringen Teil der angesprochenen Verkehrskreise irrezuführen, denen unbekannt ist, dass es sich bei Color-Rado um ein Mischprodukt handelt.
Urteil vom 07.12.2006, Az: I ZR 166/03
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