Der Bundesgerichtshof hat dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob eine im Inland eingetragene Marke ihrem Inhaber auch das Recht gibt, die Durchfuhr von mit der Marke versehenen Waren zu verbieten. Die vor Inkraftreten des Markengesetzes ergangene Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 23, 100, 104 ff. – Taeschner/Pertussin I) sah im Transit keine relevante inländische Benutzungshandlung. Der I. Zivilsenat möchte hieran festhalten und die Durchfuhr nicht als eine markenrechtlich relevante Benutzung ansehen.
Zum konkreten Fall:
Die Klägerin ist Inhaberin der Marke „Diesel“ für Bekleidung in verschiedenen Ländern, u.a. Deutschland und Polen, nicht aber in Irland. Die Beklagte hat ihren Sitz in Irland. Dort vertreibt sie Jeanshosen unter der Marke „Diesel“. Zur Herstellung der Kleidung lässt sie den Stoff nach Polen bringen und dort zu den Hosen zusammennähen. Auf dem Land – und Seeweg bringt sie diese über Deutschland nach Irland.
Die Klägerin betrachtet die Durchfuhr als eine Verletzung ihrer Markenrechte und begehrt Unterlassung, Auskunft, Schadensersatzfeststellung und Vernichtung der beschlagnahmten Hosen. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer durch das Berufungsgericht zugelassenen Revision.
Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren durch Beschluss ausgesetzt, um dem Europäischen Gerichtshof die Frage zur Vorabentscheidung gemäß § 234 EG-Vertrag vorzulegen, ob die eingetragene Marke ihrem Inhaber das Recht gewährt, die bloße Durchfuhr von Waren mit dem Zeichen zu verbieten. Das auf der Richtlinie 89/104/EWG beruhende Markengesetz sieht ausdrücklich ein Verbot von Einfuhr und Ausfuhr markenverletzender Waren vor, nicht aber ein Verbot der Durchfuhr. Die vor Inkraftreten des Markengesetzes ergangene Rechtssprechung des BGH sah im Transit keine relevante inländische Benutzungshandlung. Der I. Zivilsenat möchte hieran festhalten.
Stimmen der Literatur sehen dies anders: Es bestehe die Gefahr, dass während des Transits die mit der Marke versehenen Waren auf welche Weise auch immer im Inland in den Verkehr gelangten und das dort bestehende Markenrecht verletzten. Dieser Gefahr sei unter Heranziehung des markenrechtlichen Schutzes vorzubeugen. Auch die Produktpiraterieverordnung der Europäischen Gemeinschaft sieht ein Verbot der Durchfuhr von Pirateriewaren von einem Drittstaat durch das Gemeinschaftsgebiet in ein Drittland vor.
Die hinsichtlich der Reichweite des markenrechtlichen Schutzes bestehenden Zweifel können nur von dem zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts zuständigen Gerichtshof in Luxemburg ausgeräumt werden. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs gibt weiter zu bedenken, dass die Antwort auf die gestellte Frage im Hinblick auf die Warenverkehrsfreiheit nach dem EG-Vertrag auch davon abhängen könne, ob die betreffenden Waren im Herkunftsland rechtmäßig oder rechtswidrig hergestellt würden und ob es sich bei dem Herkunftsland um einen Mitgliedsstaat handele oder nicht.
Beschluss vom 2. Juni 2005 – I ZR 246/02
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 02.06.2005
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