Der Einsatz von werbenden Laien ist generell nicht zu beanstanden, sondern kann nur bei Vorliegen besonderer Umstände als wettbewerbswidrig angesehen werden. Dies ist der Fall, wenn sich eine Werbeaktion auf Gleitsichtgläser bezieht. Denn bei Gleitsichtgläsern handelt es sich um Medizinprodukte, die den Werbebeschränkungen des Heilmittelwerbegesetzes unterfallen. Nach § 7 Abs. 1 des Heilmittelwerbegesetzes ist nämlich das Anbieten, Ankündigen und Gewähren von Zuwendungen und sonstigen Werbegaben unzulässig.
Der Fall im Detaíl:
Der u. a. für Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte über die Zulässigkeit der Werbeaktion eines Augenoptik-Filialisten zu entscheiden, der seine Kunden in einem im Jahre 2002 verteilten Werbefaltblatt mit dem Titel „Kunden werben Kunden“ dazu aufgefordert hatte, neue Kunden für Gleitsichtgläser zu werben. Im Erfolgsfall konnte der Werber bei einem Auftragswert von mindestens 100,– € eine von 6 Werbeprämien auswählen, bei denen es sich um Gegenstände des täglichen Bedarfs wie Wasserkocher, Fieberthermometer, Reisesets u. a. im Wert von jeweils ca. 30,– € handelte. Die Klägerin sah darin eine wettbewerbswidrige Laienwerbung und hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Das Landgericht und das Berufungsgericht haben die Beklagte zur Unterlassung verurteilt. Die Revision blieb ohne Erfolg.
Der Bundesgerichtshof hat allerdings die Werbung nicht schon deshalb als unlauter angesehen, weil – wie das Berufungsgericht angenommen hatte – wegen des nicht unerheblichen Anreizes einer Prämie im Wert von ca. 30 € und des geringen Werbeaufwands des werbenden Laien die Gefahr bestehe, dass dieser seine persönlichen Beziehungen zu den von ihm angesprochenen Personen, bei denen es sich vor allem um Verwandte, Freunde und Bekannte handele, missbrauche und die Umworbenen ihre Entscheidung nicht nach sachgerechten Gründen träfen.
An den vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Maßstäben der früheren Rechtsprechung kann nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht mehr uneingeschränkt festgehalten werden, nachdem infolge des gewandelten Verbraucherleitbilds und nach Aufhebung der Zugabeverordnung und des Rabattgesetzes sachfremde Zuwendungen vom Gesetzgeber nicht mehr so streng beurteilt werden. Der Einsatz von werbenden Laien ist danach im allgemeinen nicht zu beanstanden, sondern kann nur bei Vorliegen besonderer Umstände als wettbewerbswidrig angesehen werden. Ein solcher die Unlauterkeit begründender Umstand besteht nach Ansicht des Bundesgerichtshofs im vorliegenden Fall darin, dass sich die Werbeaktion der Beklagten auf Gleitsichtgläser bezieht, bei denen es sich um Medizinprodukte handelt, die den Werbebeschränkungen des Heilmittelwerbegesetzes unterfallen. Nach § 7 Abs. 1 des Heilmittelwerbegesetzes ist das Anbieten, Ankündigen und Gewähren von Zuwendungen und sonstigen Werbegaben unzulässig. Diese auch bei der Anwendung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu beachtende Wertung führt dazu, dass die Werbeaktion der Beklagten eine unangemessene unsachliche Einflußnahme im Sinne von § 4 Nr. 1 UWG darstellt und damit als unlauterer Wettbewerb im Sinne von § 3 UWG zu verbieten ist.
Urteil vom 6. Juli 2006 – I ZR 145/03
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 7. Juli 2006
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Hinweise zu diesem Thema
Das Urteil des Bundesgerichtshofs wird demnächst veröffentlicht, sobald dieses vorliegt, finden Sie hier einen Link auf das Urteil.
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