In einem Verfahren vor dem BGH ging es um die Zulässigkeit eines Gewinnspiels, für das eine niederländische Versandapotheke deutschlandweit in einem Flyer geworben hatte. Als Hauptpreis war ein Gutschein für ein Elektrofahrrad, als zweiter bis zehnter Preis jeweils eine elektrische Zahnbürste ausgelobt. Voraussetzung für die Teilnahme an der Verlosung war das Einsenden eines Rezeptes. Geklagt hatte eine Apothekerkammer, die Verstöße gegen heilmittelwerberechtliche und arzneimittelpreisrechtliche Vorschriften beanstandete. Das Landgericht wies die Klage ab, das Berufungsgericht verurteilte die Beklagte antragsgemäß. Der BGH hat die Revision der niederländischen Versandapotheke im November letzten Jahres zurückgewiesen und damit ganz überwiegend die Entscheidung des OLG bestätigt (BGH, Urteil vom 18.11.2021, Az. I ZR 214/18). Seit kurzem liegt nun auch die Urteilsbegründung vor.
Begriff der Werbung nach HWG umfasst nicht nur einzelne Arzneimittel
Der BGH hat zunächst angenommen, dass die Werbung produktbezogen ist und somit grundsätzlich dem Heilmittelwerbegesetz (HWG) unterfällt. Die Werbung für das Gewinnspiel verstößt nach seiner Auffassung gegen das in § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG geregelte grundsätzliche Verbot des Anbietens, Ankündigens und Gewährens von Werbegaben. Das Berufungsgericht habe zutreffend angenommen, dass mit der von der Beklagten eingeräumten Möglichkeit der Teilnahme an einem Gewinnspiel eine Werbegabe im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG vorliege. Der BGH hat zudem entschieden, dass die Regelungen der Richtlinie 2001/83/EG zur Werbung der Annahme nicht entgegenstünden, dass die Bestimmungen des Heilmittelwerbegesetzes zur Arzneimittelwerbung auch eine Werbung für das gesamte Warensortiment einer Apotheke erfassen. Kurz zusammengefasst: Der Begriff der „Werbung für Arzneimittel“ im Sinne der Richtlinie umfasst die Werbung für bestimmte Arzneimittel, der Begriff der „Werbung für Arzneimittel“ im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWG umfasst dagegen auch das gesamte Warensortiment einer Apotheke. Die Mitgliedsstaaten seien aber frei, über die Richtlinie 2001/83/EG hinausgehende Verbote aufzustellen, solange sie die Grundfreiheit nicht in unzulässiger Weise einschränkten.
Kein Verstoß gegen Warenverkehrsfreiheit
Darüber hinaus hat der BGH einen Unterlassungsanspruch aus preisrechtlichen Vorschriften bejaht (§§ 8, 3, 3a UWG i.V.m. § 78 Abs. 1 Satz 1 und 4 AMG a. F. bzw. § 129 Abs. 3 Satz 3 SGB V und § 78 Abs. 1 Satz 1 AMG). Der BGH verweist darauf, dass diese Regelungen neben § 7 HWG anwendbar seien. Er teilt die Auffassung des Berufungsgerichts, dass ein Verstoß gegen die Bestimmungen der Arzneimittelpreisverordnung auch dann vorliegt, wenn zwar der korrekte Preis für das Arzneimittel angesetzt wird, dem Kunden aber andere Vorteile gewährt werden. In der Untersagung der Gewinnspielwerbung der in den Niederlanden ansässigen Apotheke sieht der BGH keinen Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit des Art. 34 AEUV, da im Streitfall lediglich eine bloße Verkaufsmodalität in Rede stehe.
Gewinnspiel führt nicht zum übermäßigen Arzneimittelgebrauch
Einen Verstoß gegen § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 HWG verneinte der BGH dagegen. Nach dieser Vorschrift darf außerhalb der Fachkreise für Arzneimittel nicht mit Preisausschreiben, Verlosungen oder anderen Verfahren geworben werden, deren Ergebnis vom Zufall abhängig ist, sofern diese Maßnahmen oder Verfahren einer unzweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorschub leisten. Die Klägerin hatte vorgetragen, dass sich Patienten mit Blick auf die Gewinnchance nicht sofort in eine stationäre Apotheke begäben, sondern den längeren Bezugsweg über eine Versandapotheke wählen. Diese Gefahr sah der BGH nicht.
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