Home News BGH: Preisbindung gilt nicht für Arzneimittel zur Herstellung von patientenindividuellen Arzneimittelblistern

BGH: Preisbindung gilt nicht für Arzneimittel zur Herstellung von patientenindividuellen Arzneimittelblistern

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer erst jetzt mit Urteilsgründen veröffentlichten Entscheidung die Auffassung vertreten, dass die arzneimittelrechtliche Preisbindung nicht für Arzneimittel gilt, die der Herstellung von Arzneimittelblistern dienen, und damit letztlich die Klage der Wettbewerbszentrale abgewiesen (BGH, Urteil vom 05.03.2015, I ZR 185/13). Ein Pharmaunternehmen hatte gegenüber Apotheken, denen es Fertigarzneimittel zur Verblisterung lieferte, einen Mustervertrag mit der folgenden Klausel vorgelegt:

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer erst jetzt mit Urteilsgründen veröffentlichten Entscheidung die Auffassung vertreten, dass die arzneimittelrechtliche Preisbindung nicht für Arzneimittel gilt, die der Herstellung von Arzneimittelblistern dienen, und damit letztlich die Klage der Wettbewerbszentrale abgewiesen (BGH, Urteil vom 05.03.2015, I ZR 185/13). Ein Pharmaunternehmen hatte gegenüber Apotheken, denen es Fertigarzneimittel zur Verblisterung lieferte, einen Mustervertrag mit der folgenden Klausel vorgelegt:

„Die Preise für die von r. gelieferten Fertigarzneimitteln zur Herstellung von patientenindividuellen Arzneimittelblistern sind entsprechend der Arzneimittelpreisverordnung frei verhandelbar.“

Apotheken stellen per Hand oder per Automat für chronisch Kranke oder Patienten in Alten- und Pflegeheimen einnahmefertige Tablettensets (sogenannte Blister) zusammen. Die ärztliche Verordnung liegt für ein bestimmtes Fertigarzneimittel vor, aus dem der Apotheker die Tabletten entnimmt und neu zusammenstellt. Im Endeffekt erhält der Patient die Gesamtmenge der vom Arzt verschriebenen Tabletten.

Die Wettbewerbszentrale vertrat die Auffassung, dass derartige, zur Verblisterung verwendete Arzneimittel ebenfalls preisgebunden sind und die Beklagte mit ihrem Angebot gegen § 78 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 AMG verstößt. Diese Vorschrift sieht auch für pharmazeutische Hersteller eine Preisbindung vor in Form eines einheitlichen Abgabepreises.

Die Wettbewerbszentrale hatte zunächst in erster Instanz vor dem Landgericht Ulm und in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht Stuttgart gewonnen. Auf die Revision der Beklagten hin hat der BGH das Urteil des OLG Stuttgart aufgehoben und die Klage der Wettbewerbszentrale abgewiesen (OLG Stuttgart, Urteil vom 05.09.2013, Az. 2 U 155/12). Letztlich drehte sich die Rechtsdiskussion um die Frage, ob der Ausnahmefall des § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 Arzneimittelpreisverordnung für den Fall der Abgabe von Arzneimitteln, die der Verblisterung dienen, einschlägig ist. Danach sind ausgenommen von der Preisbindung von aus Fertigarzneimitteln entnommene Teilmengen, soweit deren Darreichungsform, Zusammensetzung und Stärke unverändert bleibt. Dies sei – so der BGH – der Fall: Darreichungsform, Zusammensetzung und Stärke der in den von den Apotheken hergestellten Blistern abgegebenen Arzneimittel blieben unverändert. Die Ausnahmevorschrift erfordert nach Auffassung des BGH nicht die Vorlage einer ärztlichen Blister-Verordnung.

Der BGH hat seine Entscheidung eng am Wortlaut des §1 Abs.3 Satz 1 Nr.7 Arzneimittelpreisverordnung ausgerichtet. Dabei hat er nach Auffassung der Wettbewerbszentrale wesentliche Aspekte nicht ausreichend gewürdigt, etwa die – bereits erstinstanzlich festgestellte –Tatsache, dass die ärztliche Verordnung über die Gesamtmenge des Arzneimittels lautet und die Apotheke gegenüber der Krankenkasse das verschriebene Fertigarzneimittel entsprechend der Preisbindung abrechnet. Da der BGH die Abgabe der Teilmengen nicht von einer ärztlichen (Blister) -Verordnung abhängig macht, könnten Apotheken nunmehr Teilmengen von Arzneimitteln abgeben, ohne an die Arzneimittelpreisverordnung gebunden zu sein. die „Das Urteil kann“, so Dr. Reiner Münker, geschäftsführendes Präsidiumsmitglied der Wettbewerbszentrale, „nur als Aufforderung an den Verordnungsgeber verstanden werden, den Wortlaut der Arzneimittelpreisverordnung zu korrigieren beziehungsweise zu präzisieren. Denn wir glauben nicht, dass die Ausnahmevorschrift als Einfallstor zur Umgehung der Preisbindung gedacht war.“

F 4 0466/11
ck

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