Der BGH hat in einem Rechtsstreit zwischen einem Hersteller von essigbasierenden Produkten aus dem Raum Baden und einem Zusammenschluss von Erzeugern von „Aceto Balsamico di Modena“ das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt (Beschluss v. 12.04.2018, Az. I ZR 253/16). Der BGH möchte wissen, ob sich der Schutz der Gesamtbezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ auf die Verwendung der einzelnen nichtgeografischen Begriffe der zusammengesetzten Bezeichnung („Aceto“, „Balsamico“, „Aceto Balsamico“) erstreckt.
Der Kläger vertreibt Produkte unter der Bezeichnung „Balsamico“ und „Deutscher Balsamico“.
Dem Rechtsstreit vorausgegangen war eine Abmahnung des Beklagten gegenüber dem Kläger. Mit der Abmahnung beanstandete der Erzeuger-Zusammenschluss die Verwendung der Bezeichnung „Balsamico“. Hierdurch werde die geschützte geografische Angabe „Aceto Balsamico di Modena“ verletzt.
Mit seiner Klage möchte der Kläger feststellen lassen, dass er gegenüber dem Beklagten nicht verpflichtet ist, die Verwendung der Bezeichnung „Balsamico“ für in Deutschland hergestellte und auf Essig basierende Produkte zu unterlassen.
Das LG Mannheim wies diese negative Feststellungsklage ab (Urteil v. 15.09.2015, Az. 2 O 187/14). Die Berufung vor dem OLG Karlsruhe hatte Erfolg (Urteil v. 09.11.2017, Az. 6 U 176/15). Der Erfolg der Revision des Beklagten hängt nun von der Auslegung des Art. 1 Balsamico-Bezeichnungs-VO (583/2009/EG) ab.
Der BGH führte aus, dass die Revision Erfolg habe, wenn die von dem Kläger verwendeten Bezeichnungen „Balsamico“ und „Deutscher Balsamico“ gegen § 135 Abs. 1 MarkenG i. V. m. Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. a, lit. b der QualitätsregelungsVO für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (1151/2012/EU) verstoßen. Dies wiederum setze voraus, dass sich der gewährte Schutz der Gesamtbezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ auf die Verwendung der einzelnen nichtgeografischen Begriffe der zusammengesetzten Bezeichnung („Aceto“, „Balsamico“, „Aceto Balsamico“) erstrecke. Daran habe der BGH aufgrund der „Parmegiano Reggiano“-Rechtsprechung des EuGH (Urteil v. 26.02.2008, Rs. C-132/05) sowie der Entscheidungen „Gouda Holland“ und „Edam Holland“ (Beschlüsse v. 06.10.2015, Rs. C-519/14 und C-517/14) Zweifel. In diesen habe der EuGH entschieden, dass sich der Schutz geografischer Angaben auch auf Bestandteile einer geschützten geografischen Angabe beziehen könne. Die isolierte Verwendung von „Gouda“ oder „Edam“ stelle aber keine Verletzung der geschützten Angaben dar. Zudem fehle ein Hinweis zu diesem Problem im verbindlichen Verordnungstext selbst. Die Europäische Kommission könnte aber wiederum mit ihren Ausführungen in Satz 3 des Erwägungsgrunds 10 der Balsamico-Bezeichnungs-VO zum Ausdruck gebracht haben, dass sich der Schutz der Gesamtbezeichnung nicht auf deren einzelne nichtgeografische Bestandteile beziehe.
Weiterführende Informationen
Beschluss im Volltext v. 12.04.2018>> aus der Rechtsprechungsdatenbank des Bundesgerichtshofs
Vorangegangene Entscheidungen im Angebot der Wettbewerbszentrale (Log-in erforderlich)
OLG Karlsruhe, Urteil v. 09.11.2017, Az. 6 U 176/15, Immaterialgüterrecht Aktuell 3/2017 >>
LG Mannheim, Urteil v. 15.09.2015, Az. 2 O 187/14, Immaterialgüterrecht Aktuell 12/2015 >>
EuGH, Urteil v. 26.02.2008, Rs. C-132/05 – Parmesan, Immaterialgüterrecht Aktuell 7/2008 >>
(lk/hg)
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