Die jüngst veröffentlichte „Coaching-Newsletter“-Entscheidung des BGH (Urteil vom 19.05.2011, Az.: I ZR 147/09) befasst sich mit den Herabsetzungsverboten in § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG und § 4 Nr. 7 UWG. Insbesondere hat der BGH in Abkehr von früheren Urteilen festgestellt, dass eine vergleichende Werbung im Sinne von § 6 UWG neben dem Erkennbarmachen konkreter Wettbewerber zwingend einen Vergleich der von diesen angebotenen, hinreichend austauschbaren Produkten voraussetzt.
Anlass für die Wettbewerbsstreitigkeit war der Newsletter eines „Coaching“-Unternehmens, der einen Hinweis auf „merkwürdige Anbieter“ auf dem „Coaching“-Markt enthielt. Verwiesen wurde in diesem Zusammenhang auf zwei Artikel, die über Hyperlinks aufgerufen werden konnten. In den Artikeln waren die beiden Kläger namentlich als Negativbeispiele aufgeführt.
Der BGH bestätigte in seiner Entscheidung das Berufungsurteil des OLG Köln, das zuvor bereits eine Herabsetzung gemäß § 4 Nr. 7 UWG angenommen hatte. Es wurde allerdings klargestellt, dass die das Unionsrecht umsetzende Bestimmung des § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG gegenüber der Regelung des § 4 Nr. 7 UWG vorrangig anzuwenden sei. Der BGH befand im konkreten Fall aber, dass der Anwendungsbereich von § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG nicht eröffnet sei, da es an der für eine vergleichende Werbung erforderlichen Bezugnahme auf die eigenen Dienstleistungen fehle. Die Voraussetzungen für einen Werbevergleich seien noch nicht erfüllt, wenn sich die Bezugnahme nur reflexartig daraus ergibt, dass mit jeder Kritik an Mitbewerbern in der Regel unausgesprochen zum Ausdruck gebracht wird, dass diese Kritik den Werbenden selbst nicht trifft.
Bei der Prüfung, ob eine Herabsetzung gemäß § 4 Nr. 7 UWG gegeben ist, nahm der BGH eine umfassende Interessenabwägung unter Berücksichtigung der einschlägigen Grundrechte (insbesondere der Meinungs- und Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG) vor. Letztlich wurde ein Wettbewerbsverstoß gemäß § 4 Nr. 7 UWG mit der Begründung bejaht, dass eine pauschale, hinsichtlich konkreter Missstände ganz im Vagen bleibende Herabsetzung die mit der Äußerung verbundene massive Beeinträchtigung nicht rechtfertigen könne. Insoweit wurde auch betont, dass Meinungsäußerungen, die zugleich wettbewerblichen Zwecken dienen, strenger zu bewerten seien als Äußerungen, die nicht den lauterkeitsrechtlichen Anforderungen unterliegen.
Weiterführende Hinweise
Urteil des BGH vom 19.05.2011 – Az. I ZR 147/09 >>
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