In dem von der Wettbewerbszentrale geführten Grundsatzverfahren gegen eine Wohnungsbaugesellschaft wird der Bundesgerichtshof am 18. November 2021 eine Entscheidung verkünden (Az. I ZR 106/20). Die Wettbewerbszentrale lässt in diesem Verfahren die Frage klären, ob Mietern ein Kündigungsrecht von Kabel-TV-Anschlüssen nach § 43b Telekommunikationsgesetz eingeräumt werden muss.
Die Beklagte vermietet Wohnungen mit Kabel-TV-Anschlüssen, wobei sie die hierfür anfallenden Gebühren als Nebenkosten auf die Mieter umlegt. Mieter müssen die Gebühren für die Dauer der Laufzeit des Mietvertrages zahlen, unabhängig davon, ob sie den Kabel-TV-Anschluss nutzen. Aus Sicht der Vermieter steht den Mietern für die Laufzeit des Mietvertrages kein Kündigungsrecht für diese Kabel-TV-Anschlüsse zu.
Nach § 43b TKG ist die anfängliche Mindestlaufzeit von Telekommunikationsverträgen auf 24 Monate begrenzt. Mit Verbrauchern dürfen keine Verträge über Telekommunikationsdienstleistungen geschlossen werden, die länger als 24 Monate laufen. Als Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschrift muss die Beklagte öffentlich zugängliche Telekommunikationsdienste anbieten.
Nach Auffassung der Wettbewerbszentrale ist die Beklagte als Vermieterin, die Kabel-TV-Anschlüsse als Bestandteil des Mietvertrages in ihren Wohnungen zur Verfügung stellt, Anbieterin von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten. Sie muss sich als solche auch an § 43b TKG halten und ein Kündigungsrecht nach Ablauf der anfänglichen Mindestlaufzeit eines Telekommunikationsvertrages von 24 Monaten einräumen.
Aus Sicht der Wettbewerbszentrale beeinträchtigt die Beschränkung des Kündigungsrechts für die Dauer der Laufzeit des Mietvertrages seitens der Vermieter, welche diese aus einer Abrechnungsmöglichkeit des Kabel-TV-Anschlusses als Nebenkosten über die Betriebskostenverordnung herleiten, den freien und fairen Wettbewerb auf dem Telekommunikationsmarkt. Der Markteintritt anderer Anbieter und damit die Verbreitungsmöglichkeit von anderen Techniken, wie IPTV, wird erschwert. Mieter, die bereits für einen Kabel-TV-Anschluss zahlen müssen, haben keinen Anreiz, einen anderen Verbreitungsweg zu wählen.
Das Landgericht Essen sah die Klage als unbegründet an, da nicht die Beklagte als Vermieterin, sondern eine Tochtergesellschaft für die Erbringung der Telekommunikationsdienstleistungen verantwortlich sei (Urteil vom 31.05.2019, Az. 45 O 72/18). Die hiergegen eingelegte Berufung wurde vom Oberlandesgericht Hamm zurückgewiesen. Es sei schon fraglich, ob die Beklagte einen Telekommunikationsdienst anbiete. Jedenfalls erbringe sie keine öffentlich zugängliche Telekommunikationsdienstleistung, da die Mieter in einer Wohneinheit eine klar abgegrenzte Personengruppe darstellten (Urteil vom 28.05.2020, Az. I-4 U 82/19).
Weiterführende Informationen
Pressemitteilung der Wettbewerbszentrale v. 06.07.2021 >>
Pressemitteilung der Wettbewerbszentrale v. 20.07.2020 >>
es
DO 1 0383/18
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