Im Einzelhandel galt über viele Jahre hinweg der Grundsatz: Wer Ware sichtbar ausstellt, muss diese mit einer gut lesbaren Preisauszeichnung versehen. Damit dürfte nach Einschätzung der Wettbewerbszentrale nun Schluss sein. Hintergrund ist eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Preisangabenverordnung (PAngV) in einem von der Wettbewerbszentrale geführten Verfahren.
Der BGH hat entschieden, dass die reine Präsentation einer Ware im Schaufenster nicht von der Pflicht zur Preisangabe nach § 4 Abs. 1 PAngV erfasst wird, wenn nicht sogleich eine Preisaussage hinzutritt, die das umworbene Publikum bereits als Angabe des Verkaufspreises werten darf (BGH, Urteil vom 10. November 2016, Az. I ZR 29/15). Gegenstand des Verfahrens war die Schaufenstergestaltung eines großen deutschen Hörgeräteakustikfilialisten, der im Schaufenster gut sichtbar auf mehreren Säulen Hörgeräte ausgestellt hatte, die auch so im Geschäft erworben werden konnten. Die Präsentation dieser Hörgeräte erfolgte allerdings ohne jede Preisangabe oder sonstige, auf Preise Bezug nehmende Aussagen. Die Wettbewerbszentrale hatte hingegen eine entsprechende Preisauszeichnung als erforderlich angesehen und schließlich Klage erhoben.
Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab – mit der einzelfallbezogenen Begründung, dass Hörgeräte komplizierte und beratungsintensive Produkte seien, weshalb aus dieser schlichten Präsentation noch kein Angebot im Sinne des Preisangabenrechts abzuleiten sei. Der Bundesgerichtshof macht hingegen in den nunmehr vorliegenden Entscheidungsgründen doch grundsätzlichere Ausführungen. Im Lichte der EU-Preisangabenrichtlinie 98/6/EG regele die Preisangabenverordnung in den Bestimmungen zur Schaufensterwerbung allein die Art und Weise, in der eine Preisangabe bei sichtbar ausgestellten Waren zu erfolgen habe, nicht aber, dass überhaupt eine solche Preisauszeichnung erfolgen müsse.
Damit entfällt praktisch die per-se-Verpflichtung zur Preisauszeichnung für im Schaufenster präsentierte Ware und zwar unabhängig davon, ob diese nun besonders beratungsintensiv ist oder nicht.
Nach Einschätzung der Wettbewerbszentrale wird diese Absenkung des Schutzniveaus auf den Standard der EU-Preisangabenrichtlinie wohl auf ein geteiltes Echo stoßen. „Für den Handel entfällt mit dem neuen BGH-Urteil eine sicherlich ausgesprochen aufwändige Verpflichtung“, meint Peter Brammen, Mitglied der Geschäftsführung der Wettbewerbszentrale. Dem Verbraucher würden hingegen wichtige Informationen über die Preisgestaltung vorenthalten. Wenn bisher stets das vorrangige Ziel des Preisangabenrechts darin gesehen wurde, durch hohe Transparenz die Wirksamkeit des Preiswettbewerbs zu fördern, so entfernt sich der BGH mit seinem Urteil, allerdings der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs folgend, doch ein Stück weit hiervon. Auch wenn die obligatorische Preisauszeichnung damit entfalle, bleibe es dem Handel natürlich unbenommen, im Schaufenster ausgestellte Ware weiterhin mit einer entsprechenden Endpreisauszeichnung zu bewerben.
Wettbewerbszentrale
Die Wettbewerbszentrale ist die größte und einflussreichste Selbstkontrollinstitution für fairen Wettbewerb. Getragen wird die gemeinnützige Organisation von mehr als 1.200 Unternehmen und über 800 Kammern und Verbänden der Wirtschaft. Sie finanziert sich allein aus der Wirtschaft heraus und erhält keine öffentlichen Mittel. Als branchenübergreifende, neutrale und unabhängige Institution der deutschen Wirtschaft setzt sie die Wettbewerbs- und Verbraucherschutzvorschriften im Markt – notfalls per Gericht – durch. Sie bietet umfassende Informationsdienstleistungen, berät ihre Mitglieder in allen rechtlichen Fragen des Wettbewerbs und unterstützt den Gesetzgeber als neutraler Ratgeber bei der Gestaltung des Rechtsrahmens für den Wettbewerb.
Kontakt:
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Büro Hamburg
Peter Brammen
Ferdinandstr. 6
20095 Hamburg
Tel.: 040 / 3020010
E-Mail: brammen@wettbewerbszentrale.de
(HH 2 0263/12)
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