Das Oberverwaltungsgericht NRW hat es einer Apothekerin untersagt, eine Box zum Sammeln von Rezepten in einem zu ihrer Apotheke nahegelegenen Supermarkt aufzustellen und die bestellten Arzneimittel den Kunden nach Hause zu liefern.
Der Fall
Eine Apothekerin stellte im Eingangsbereich eines Supermarkts, der wenige Kilometer von ihrer Apotheke entfernt liegt, eine Sammelbox auf, in die Kunden Rezepte und Bestellscheine für Arzneimittel einwerfen konnten. Die Box wurde durch die Mitarbeiter der Apothekerin geleert und die Medikamente innerhalb des Herner Stadtgebiets durch einen kostenlosen Botendienst nach Hause geliefert. Außerhalb des Stadtgebiets erhielten die Kunden die Arzneimittel durch einen Logistikdienstleister gegen Versandkosten. Die Stadt Herne untersagte der Apothekerin das Betreiben der Sammeleinrichtung. Die hiergegen gerichtete Klage der Apothekerin wies das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ab (Az. 19 K 5025/1). Diese Entscheidung hat das Oberverwaltungsgericht nun bestätigt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (Az.: 13 A 2289/16).
Rechtliche Bewertung
Die Abgabe von Arzneimitteln sei entweder unmittelbar an Kunden in einer sog. Präsenzapotheke, also einer normalen Apotheke im Ort, oder per Arzneimittelversand erlaubt. Beides liege hier nicht vor. Eine Rezeptsammelstelle einer Präsenzapotheke könnte zwar ausnahmsweise zulässig sein, weil die Rezeptsammlung zur Versorgung eines abgelegenen Ortsteils erforderlich sei. Der Supermarkt und die Apotheke lägen aber in der Stadt Herne, so dass die Ausnahme hier nicht greife. Die Sammelbox sei auch nicht von der der Apothekerin erteilten Erlaubnis zum Versand von Arzneimitteln umfasst. Das praktizierte Vertriebskonzept stelle keinen Versandhandel dar. Das Bestellsystem der Apothekerin richte sich zielgerichtet und nahezu ausschließlich an Kunden des Supermarkts bzw. Einwohner der Stadt Herne, die dem räumlichen Einzugsgebiet der Präsenzapotheke zugeordnet werden könnten. Zudem würden die Arzneimittel an diese Kunden fast ausnahmslos durch das Personal der Apothekerin ausgeliefert.
Das Verhalten der Apothekerin ist zugleich auch gemäß § 3a UWG i. V. m. § 24 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 ApoBetrO wettbewerbswidrig (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 12.05.2015 , Az. 4 U 53/15).
Auch in ihrem Pressegespräch, in dem die Wettbewerbszentrale die Entwicklung des Wettbewerbs im Gesundheitswesen vorgestellt hat, hat sie bereits auf diese unzulässigen Kooperationen im Zuammenhang mit den Rezptsammelstellen hingewiesen (vgl. Pressemitteilung vom 20.06.2018 // Wettbewerbszentrale stellt Entwicklung des Wettbewerbs im Gesundheitswesen vor – Irreführung und mangelnde Transparenz häufig Grund von Beschwerden >>).
Weiterführende Informationen
Pressemitteilung des OVG NRW v. 02.07.2018 >>
Zur Tätigkeit der Wettbewerbszentrale im Bereich Gesundheitswesen >>
cb
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