Der Verband der deutschen Internetwirtschaft, eco Forum e.V. (Köln), will mit einer Anti-Spam Task Force verstärkt gegen die Flut unerwünschter E-Mail-Werbung vorgehen. Die eco Task Force wird hierzu einen runden Tisch organisieren, an dem die Internet Service Provider (ISP) die Grundlagen für ein gemeinsames Vorgehen festlegen, um die ausufernde Werbeflut zurück zu drängen. Der eco-Verband will damit der konkreten Gefahr entgegenwirken, dass das Kommunikationsmedium E-Mail durch sich immer höher auftürmende Berge an E-Müll in die Unbrauchbarkeit getrieben wird. „Allein in Deutschland fließen jede Woche rund 500 Millionen Spam-Mails durch die Netze. Damit liegt der Anteil der unerwünschten Werbung bei über 50 Prozent aller E Mails überhaupt“, verdeutlicht eco-Geschäftsführer Harald A. Summa die Dramatik der Situation. 93 Prozent der Verbraucher, die regelmäßig E-Mail nutzen, sind von Spam genervt, haben Umfragen ergeben.
Der Verband geht aufgrund von Expertenanhörungen davon aus, dass sich 90 Prozent der Werbeflut allein durch technische Filter abblocken lässt. Das Spektrum der Maßnahmen reicht von schwarzen Listen bekannter Spam-Versender, deren Werbung erst gar nicht ins Netz gelassen wird, bis hin zu inhaltsbasierten Filtern, die die unerwünschte Werbung anhand von Stichworten aussortieren. Als Problemkreise nennt eco die Frage nach der „moralischen Instanz“, also wer die Klassifizierung in erwünschte und unerwünschte E-Mails vornimmt, sowie „false positives“, also E-Mails, die von den Filtersystemen versehentlich als Spam eingestuft werden. Eine Lösung könnte darin bestehen, dass der Empfänger zwar alle E-Mails erhält, vermutete Spam-Mails aber in einen separaten „Werbe-Briefkasten“ geleitet werden und somit der „Hauptpostkasten“ entlastet wird.
Die neue Anti-Spam Task Force hat sich zur Aufgabe gemacht, die Betreiber von Netzinfrastruktur starker anzuhalten, ihre Systeme und insbesondere Mailserver besser gegen den Missbrauch durch Spam-Versender abzusichern. Derzeit wird ein Großteil des E-Mülls über Fremdsysteme verschickt, die ungesichert im Netz stehen, weil sich die Betreiber über die Missbrauchsgefahr nicht im Klaren sind. „Jeder ungeschützte Mailserver stellt eine Gefahr als potenzieller Spam-Multiplikator dar. Das kostet die Betreiber nicht nur die Ressourcen, sondern birgt auch das Risiko, dass der Server als Spam-Quelle identifiziert und auf schwarze Listen zur Blockade aller E-Mails gesetzt wird. Das kann dazu führen, dass ein Unternehmen quasi vom E-Mail-Verkehr ausgeschlossen wird“, warnt Harald A. Summa die Firmen vor den Folgen beim Einsatz ungeschützter Infrastruktur im Netz.
Neben technischen Lösungen setzt der Verband der deutschen Internetwirtschaft auf die verstärkte Aufklärung der Verbraucher. So rät eco zum dualen Postsystem: Die persönliche E Mail-Adresse wird nur an Freunde, Bekannte und Geschäftspartner weitergegeben, während beim Surfen im Netz eine zweite Alias-Adresse angegeben wird. Nimmt die Werbeflut an der Zweitadresse überhand, wird sie einfach geändert. „Das Ärgernis Spam wird sich leider nicht kurzfristig in Luft auflösen und die Verbraucher müssen lernen, damit umzugehen“, sagt eco-Geschäftsführer Harald A. Summa. Einen Anti-Spam-Leitfaden mit den fünf Grundregeln zum Spam-Schutz stellt der Verband unter www.eco.de kostenlos bereit. Da ein Großteil der Absenderadressen gefälscht sind, ist der vermeintliche Versender nicht zwangsläufig der Schuldige, warnt eco die Verbraucher vor übereilten Schlussfolgerungen. Für Unternehmen, die im legitimen Umfang elektronische Werbung betreiben wollen, hat eco eine „Richtlinie für erwünschtes Online-Marketing“ entwickelt, an die sich laut Verband immer mehr Unternehmen halten, die ihren Kunden angeforderten Informationen wie beispielsweise Newsletter zukommen lassen wollen.
Vom deutschen Gesetzgeber fordert der eco-Verband zwar Unterstützung bei der Spam-Abwehr, räumt jedoch Grenzen bei der Wirksamkeit der nationalen Gesetzgebung ein, weil über die Hälfte der Spam-Mails aus den USA kommen. Während die Filtersysteme im deutschen Netz die Flut eindämmen können, muss die Ursachenbekämpfung vor allem in den USA erfolgen. Nach einer Analyse von 11 Milliarden Spam-Mails kommt die Federal Trade Commission zu dem Ergebnis, dass 90 Prozent der Werbemails fragwürdige Inhalte enthält, etwa zwei Drittel dem Empfänger keine Möglichkeit einräumt, die unerwünschte Zustellung zu unterbinden und ein Drittel von gefälschten Absenderadressen stammt. eco hegt daher Hoffnung, dass die amerikanische Gesetzgebung dem Spam-Versand einen Riegel vorschieben wird, wie das im US-Bundesstaat Virginia seit kurzem der Fall ist; dort droht Spam-Versendern eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren.
Trotz Gegenmaßnahmen wird sich die Spam-Situation in den nächsten Monaten und Jahren eher noch verschärfen, fürchtet der Verband der deutschen Internetwirtschaft unter Hinweis auf die steigende kriminelle Energie der Spam-Versender. Jüngstes Beispiel hierfür sind 0190-Dialer, die sich wie Viren ausbreiten und ungefragt Kosten beim Empfänger verursachen. Künftige Gefahrenpotenziale sieht der Verband der deutschen Internetwirtschaft auch bei mobilen Endgeräten wie Handys. In dem Maße, in dem die Geräte mehr Leistung aufweisen und besser ans Internet angebunden sind, wächst die Spam-Gefahr, fürchtet eco. Schon heute fühlen sich immer mehr Verbraucher durch SMS-Werbung auf ihrem Display belästigt. Der Verband der deutschen Internetwirtschaft wird daher bei seinen eigenen Greenspot-Aktivitäten in Richtung „Mobile Internet“ (WLAN) von Anfang an Anti-Spam-Verfahren in der Infrastruktur berücksichtigen und rät den Betreibern der UMTS-Netze zu einem ähnlichen Vorgehen.
Quelle: Pressemitteilung der eco vom 26.05.2003
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