Das LG Duisburg hat in einem Verfahren der Wettbewerbszentrale einem Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln unter anderem untersagt, für liposomale Nahrungsergänzungsmittel mit einer höheren Bioverfügbarkeit und Wirksamkeit zu werben (LG Duisburg, Urteil vom 10.05.2022, Az. 22 O 67/21, nicht rechtskräftig).
Ein Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln warb auf seiner Internetseite mit verschiedenen Vorteilen sogenannter „liposomaler“ Nahrungsergänzungsmittel. Liposomalen Nahrungsergänzungsmitteln liegt die Idee zugrunde, Nährstoffe in winzig kleinen Transportkugeln aus natürlichen, ungesättigten Fettsäuren zu verpacken, die man Liposome nennt.
Die Wettbewerbszentrale hat Verstöße gegen die Health Claims Verordnung (HCVO) moniert und Unterlassungsklage erhoben, nachdem keine außergerichtliche Einigung erzielt wurde.
Zum Urteil
Der Hersteller warb zunächst mit einer höheren Bioverfügbarkeit und Wirksamkeit aufgrund der liposomalen „Verpackung“ der Nährstoffe wie folgt:
- „Mehrfach höhere Bioverfügbarkeit gegenüber anderen Nahrungsergänzungsmitteln“
- „Es muss weniger Wirkstoff eingesetzt werden und trotzdem wird mehr Wirkung erzielt“
- „Weniger Wirkstoffverlust bis er das Zielgewebe erreicht durch Schutz der Liposome“
Diese Angaben wertete das Gericht als unzulässige nährwertbezogene Angaben nach Art. 8 HCVO.
Nährwertbezogene Angaben sind solche, mit denen erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere positive Nährwerteigenschaften besitzt, und zwar aufgrund [vorliegend] anderer Substanzen, die es enthält. Sie dürfen nur getätigt werden, wenn sie im Anhang der HCVO aufgeführt sind. Die in liposomalen Nahrungsergänzungsmitteln enthaltenen winzig kleinen Transportkugeln aus natürlichen, ungesättigten Fettsäuren, mit denen Nährstoffe verpackt werden, sind nach Auffassung des Gerichts als „andere Substanzen“ im Sinne der Vorschrift anzusehen. Durch die obigen Aussagen werde der Eindruck erweckt, dass eine besonders positive Nährwerteigenschaft aufgrund der Verwendung dieser Substanzen erreicht werde. Da diese nährwertbezogenen Angaben aber nicht im Anhang der HCVO aufgeführt sind, sah das Gericht sie als unzulässig an.
Zudem wurde mit der Angabe geworben, das Produkt unterstütze das Immunsystem. In dieser Angabe sah das Gericht als spezielle gesundheitsbezogene Angabe. Nach Art. 10 Abs. 1 HCVO sind solche Angaben grundsätzlich nur erlaubt, wenn sie zugelassen sind. Da keine Zulassung vorlag, wertete das Gericht die Angabe als unzulässig.
Weiterhin warb das Unternehmen mit der angeblichen Bewertung eines Kunden: „das sind die hochwertigsten Vitamine, die ich bis jetzt getestet habe“. Diese sah das Gericht als unzulässige allgemeine gesundheitsbezogene Angabe nach Art. 10 Abs. 3 HCVO an, da keine spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt war.
Die Aussage „In Studien wird belegt, dass liposomales Vitamin C 3 Mal besser vom menschlichen Körper aufgenommen werden kann gegenüber herkömmlichem“ wurde – wie die obigen Angaben unter Ziff. 1. – mit derselben Begründung als unzulässige nährwertbezogene Angabe nach Art. 8 HCVO angesehen. Ebenso wurde auch die Aussage „Der Hauptbestandteil bildet …(EGCG), bei dem sogar eine liposomal 4000-fach erhöhte Wirkung bewiesen wurde.“ beurteilt.
Die beworbene Wirkung gegen „vorzeitige Alterserscheinungen“ wurde als unzulässige spezielle gesundheitsbezogene Angabe nach Art. 10 Abs. 1 HCVO angesehen.
Auch die Aussage „Damit das aufgenommene Calcium sich nicht an den Gefäßwänden festsetzt und Gefäßverengungen hervorrufen kann, wird Vitamin K2 benötigt.“ wurde als unzulässige spezielle gesundheitsbezogene Angabe nach Art. 10 Abs. 1 HCVO gewertet. Für Vitamin K ist lediglich die Angabe zugelassen, dass dieses zu einer normalen Blutgerinnung beiträgt. Die verwendete Angabe gehe aber inhaltlich darüber hinaus und sei daher unzulässig, so das Gericht. Dies gelte auch für „benötigt“, das über „beiträgt“ hinausgehe und damit nicht mehr vom zugelassenen Claim gedeckt sei.
Weiterhin wurden unterschiedliche Aussagen mit Studien „belegt“, deren Fundstelle in Fußnoten angegeben war. Die Erwähnung der Studien sah das Gericht als unzulässige spezielle gesundheitsbezogene Angaben nach Art. 10 Abs. 1 HCVO an.
Schließlich wurde „Curcumin wird schon seit Jahrtausenden als Heilmittel in der traditionell chinesischen Medizin“ verwendet“ als unzulässige spezielle gesundheitsbezogene Angabe nach Art. 10 Abs. 1 HCVO beurteilt.
Weiterführende Informationen
Zur Tätigkeit der Wettbewerbszentrale im Bereich Lebensmittel >>
F 8 0141/20
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