Wettbewerbszentrale unterbindet herabsetzende Werbung: Angeblich verunreinigtes Trinkwasser oder Vorwurf der „Massenabfertigung“ in der Hörakustik – wenn der Ton in der Werbung rauer wird

Die Wettbewerbszentrale hat seit Anfang 2021 insgesamt 14 Beschwerden zu herabsetzender Werbung erhalten – mehr als in Vorjahren.

Die Wettbewerbszentrale hat seit Anfang 2021 insgesamt 14 Beschwerden zu herabsetzender Werbung erhalten – mehr als in Vorjahren. In vier Fällen hat sie Abmahnungen ausgesprochen und außergerichtlich erreicht, dass die betreffenden Wettbewerbsverstöße ausgeräumt wurden.

Werbung mit „Massenabfertigung“ in der Hörakustik

So ging es etwa in zwei Werbemitteln um Hörgeräte: Ein Unternehmen, das Kunden online akquiriert und an lokale Hörakustik-Geschäfte vermittelt, warb in mehreren Online-Advertorials gegen „die großen Ketten“. In einer Werbung hieß es, die meisten Hörakustiker-Ketten hielten ihr Angebot so intransparent wie möglich und optimierten so ihren Profit. Sie verkauften in Gestalt der sog. Nulltarif-Hörgeräte oft ältere und einfache Modelle, die den Kunden schnell in Massenabfertigung angepasst würden. Der Service werde auf das Minimum reduziert und Kunden würden so schnell wie möglich zum Kauf gedrängt. In der Folge landeten viele Geräte in der Schublade. In einer weiteren Werbung hieß es, durch eine Art Massenabfertigung würden die Kunden nicht richtig beraten und nicht über die unterschiedlichen Modelle aufgeklärt.

Nach Auffassung der Wettbewerbszentrale setzten diese Angaben eine abgrenzbare Gruppe der Mitbewerber, namentlich führende Hörakustik-Filialisten, in unzulässiger Weise herab. Das werbende Unternehmen gab nach Beanstandung durch die Wettbewerbszentrale bezüglich beider Werbemittel strafbewehrte Unterlassungserklärungen ab.

Werbung mit System – bzw. Gattungsvergleich

In zwei Fällen ging es um – um aus Sicht der Wettbewerbszentrale unzulässige – System- bzw. Gattungsvergleiche:

Ende Februar ging eine Beschwerde über die Werbung eines Flüssiggas-Anbieters ein. Der warb auf seiner Website mit einem Systemvergleich gegenüber Ölheizungen. Dort hieß es unter anderem: „In vielen Kellern stehen Sie noch: Öl-Heizgeräte, die Heizkosten und CO2-Ausstoß permanent hoch halten. Das muss nicht sein! Jetzt Ihre Ölheizung auf Flüssiggas umrüsten! Mit Flüssiggas von X können Sie deutlich sparen – an Geld, Stauraum und Emissionen – und Ihre Energieversorgung fit für die Zukunft machen.“ Die Wettbewerbszentrale ging wegen Irreführung gegen diese Werbung vor. Denn tatsächlich lagen die Preise für eine haushaltsübliche Menge Flüssiggas inkl. Tankmiete und MwSt. laut mehrerer Statistiken in zurückliegenden Zeiträumen jeweils höher als für eine vergleichbare Menge Heizöl.

Werbung mit „Darum stinkt Öl“

Weiter hieß es auf der Website: „Darum stinkt Öl / gegen Flüssiggas ab“. Der markige Slogan wurde untermauert durch Argumente u.a. zu vermeintlichen Vorteilen bei Kostenvergleich und Effizienz. Nach Auffassung der Wettbewerbszentrale lag in dem Spruch zum einen eine herabsetzende vergleichende Werbung, denn sie stellte das Konkurrenzprodukt Heizöl als etwas dar, das „stinkt“ bzw. „abstinkt“. Damit verließ das werbende Unternehmen den Rahmen einer sachlichen Auseinandersetzung.

Aber auch inhaltlich war die Angabe, Öl „stinke ab“ unzutreffend. „Abstinken“ bedeutet laut Duden, jemand oder etwas es sei unterlegen oder „ziehe den Kürzeren“. Das war nach Auffassung der Wettbewerbszentrale aufgrund der nicht gegebenen Kostenvorteile von Flüssiggas zu Öl unzutreffend. Das Unternehmen gab eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab.

Werbung für Mineralwasser mit Darstellung von Trinkwasser als „aufbereitetes Brauchwasser“

Vor einigen Monaten war die Wettbewerbszentrale zudem gegen einen weiteren herabsetzenden Vergleich zwischen Mineralwasser und Trinkwasser (Leitungswasser) vorgegangen. Ein Getränkemarkt suggerierte in seiner Werbung, Leitungswasser fließe auf dem Weg zum Verbraucher regelmäßig durch verunreinigte und zugesetzte Leitungen, es könne auch durch Aufsprudeln nicht aufgewertet gemacht werden, sondern sei aufbereitetes „Brauchwasser“. Ein flankierendes Bild einer Kläranlage erweckte den Eindruck, das Trinkwasser werde aus Abwasser gewonnen. Auch diese Angaben beanstandete die Wettbewerbszentrale als einen herabsetzenden Gattungsvergleich. Auch dieses Unternehmen verpflichtete sich zur Unterlassung, ohne dass es eines Gerichtsverfahrens bedurfte ( siehe News der Wettbewerbszentrale vom 01.10.2022)

Wann ist herabsetzende Werbung unlauter?

Werbliche Angaben, mit denen Mitbewerber herabgesetzt werden, können nach § 4 Nr. 1 (Herabsetzung oder Verunglimpfung eines Mitbewerbers), § 5 Abs. 3 (irreführende Angaben im Rahmen vergleichender Werbung) oder § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG (herabsetzende vergleichende Werbung) unlauter sein. Eine Herabsetzung im Sinne des § 6 UWG, der verschiedene Formen vergleichender Werbung regelt, kann sowohl durch wahre als auch unwahre Tatsachenbehauptungen oder Werturteile erfolgen. Dabei muss in einer Gesamtwürdigung bewertet werden, ob der Werbende die Vor- bzw. Nachteile der eigenen bzw. fremden Leistung sachlich richtig und ohne zusätzliche negative Wertung darstellt. Es müssen über die mit jedem Werbevergleich verbundenen (negativen) Wirkungen hinaus besondere Umstände hinzutreten, die den Vergleich in unangemessener Weise abfällig, abwertend oder unsachlich erscheinen lassen.

Weiterführende Informationen

News der Wettbewerbszentrale vom 01.10.2021 // Schlechte Qualität von Trinkwasser suggeriert: Wettbewerbszentrale beanstandet Mineralwasser-Werbung >>

HH 3 0039/22; HH 3 0019/22; HH 3 0035/22; HH 3 0138/21
mb

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