Der EuGH hat heute entschieden, dass die gesundheitsbezogenen Warnhinweise für Zigaretten bereits am Automaten zu sehen sein müssen, wenn dort Bilder von Zigarettenverpackungen präsentiert werden (EuGH, Urteil vom 09.12.2021, Rechtssache C-370/20 – Pro Rauchfrei e.V. ./. JS e.K.). Es genügt nicht, wenn dem Kunden diese Warnhinweise, zu denen auch Schockbilder gehören, erst auf der ausgegebenen Verpackung vor dem Kauf angezeigt werden.
Geklagt hatte eine Nichtrauer-Initiative gegen einen Supermarktbetreiber. Dieser hatte einen Zigaretten-Ausgabeautomaten an der Kasse installiert. Die vorgeschriebenen Warnhinweise für Zigaretten waren von außen nicht sichtbar. Neben den Warenauswahltasten waren grafische Darstellungen verschiedener Zigarettenmarken zu erkennen, die jedoch keine Warnhinweise enthielten.
Art. 8 Abs. 1 EU-Tabakrichtlinie (Richtlinie 2014/40/EU) schreibt gesundheitsbezogene Warnhinweise auf Packungen von Tabakerzeugnissen vor, die nicht verdeckt werden dürfen. Nach Art. 8 Abs. 8 EU Tabakrichtlinie gilt dies nicht nur für die Verpackung selbst, sondern auch für Bilder von Packungen und Außenpackungen. Auch auf diesen lediglich abgebildeten Verpackungen müssen die Warnhinweise also erscheinen. Fraglich war, ob auch nicht naturgetreue Abbildungen von Packungen diese Hinweispflichten auslösen. Zudem stellte sich die Frage, ob es ausreicht, dass die Warnhinweise erst auf der ausgegebenen Verpackung angezeigt werden, die der Kunde aber noch vor dem Bezahlen an der Kasse sieht.
Nachdem das LG und OLG München keinen Verstoß gegen das Verdeckungsverbot der Warnhinweise sahen und die Klage abwiesen, legte der BGH die Fragen dem EuGH vor (BGH, Beschl. v. 25.6.2020 , Az. I ZR 176/19 – Zigarettenausgabeautomat).
Der EuGH entschied, dass es nicht ausreicht, wenn der Kunde die Warnhinweise erst sieht, nachdem die Zigarettenschachtel den Automaten verlassen hat. Demnach müssen auch bei nicht naturgetreuen Abbildern der Originalverpackung, die der Verbraucher aufgrund seiner Gestaltung hinsichtlich Umrissen, Proportionen, Farben und Markenlogo mit einer solchen Packung assoziieren,
Warnhinweise angegeben werden. Es genügt nicht, wenn dem Verbraucher die Warnhinweise erst auf der ausgegebenen Verpackung angezeigt werden.
Nun muss der BGH über den konkreten Fall entscheiden.
Weiterführende Informationen
Urteil des EuGH vom 09.12.2021 in der Rechtssache C-370/20 >>
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