Eine Servicekette, die in einigen Bundesländern Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen anbietet, warb in einem Prospekt unter anderem unter Abbildung einer Prüfplakette mit der Angabe eines Preises von 89 Euro für die Hauptuntersuchung (HU) wie folgt:
Amtlich anerkannte Überwachungsorganisationen (ÜO) sind für die Durchführung einer Hauptuntersuchung (HU) bei Kraftfahrzeugen zuständig. Deren Prüfingenieure führen die HU in Autohäusern, Werkstätten und bei Serviceketten durch. Bei der Preisgestaltung dieser Leistungen besteht nur ein geringer Spielraum. Denn die jeweilige ÜO hat bei der zuständigen Behörde ein Entgelt für die HU anzuzeigen. Der angezeigte Betrag darf nicht unterschritten werden (Nr. 6.3 der Anlage VIII b zur StVZO). So soll sichergestellt werden, dass die von einem Ingenieur zu erbringende Leistung kostendeckend erbracht werden kann und es auf lange Sicht aufgrund eines Preisverfalls nicht zu einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit bei Kraftfahrzeugen kommt, weil diese nicht mehr ordnungsgemäß überprüft werden.
Im vorliegenden Fall hatte der TÜV Rheinland / FSP bei der Behörde ein Entgelt in Höhe von 109,30 Euro und die DEKRA ein solches von 109,50 Euro angezeigt. Der von der Servicekette angebotene Betrag von 89,- Euro stellt eine deutliche Unterschreitung des angezeigten Entgelts dar.
Solche Sonderpreise stellen eine gravierende Benachteiligung der sich regelkonform verhaltenden Mitbewerber dar, weil die Fahrzeughalter preissensibel reagieren und dorthin gehen, wo der günstigste Preis geboten wird.
Um faire Wettbewerbsbedingungen wieder herzustellen, wird in solchen Fällen vielfach die Wettbewerbszentrale gebeten, sich um die Regelverstöße zu kümmern. So auch vorliegend. Da das in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft tätige Unternehmen aber nicht bereit war, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, sondern auch noch die seit Jahrzehnten bestehende umfassende Aktivlegitimation der Wettbewerbszentrale bestritten hat, wurde eine gerichtliche Klärung notwendig. Das Landgericht Braunschweig hat mit nicht rechtskräftigem Urteil vom 16.06.2021, AZ. 21 O 5168/19, bei Androhung der üblichen Ordnungsmittel die Beklagte unter anderem verurteilt, es zu unterlassen, „Hauptuntersuchungen für Kraftfahrzeuge durch Dritte mit einem geringeren als dem von diesen Dritten festgelegten, der zuständigen Aufsichtsbehörden mitgeteilten und bekannt gemachten Entgelt, zu bewerben, sofern dies wie … abgebildet“ geschieht.
Damit wurde einmal mehr bestätigt, dass es nicht in das Belieben des Werbenden gestellt ist, entgeltgebundene Leistungen unter Umgehung gesetzlicher Regelungen anzubieten. Und es wurde erneut klargestellt, dass Verstöße gegen solche Vorschriften auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche auslösen die gerade von der Wettbewerbszentrale verfolgt werden können, um so ein Fair Play für die Marktteilnehmer sicherzustellen.
Weiterführende Informationen
Zur Tätigkeit der Wettbewerbszentrale im Bereich Sachverständigen >>
Dr. Andreas Ottofülling: OLG Bamberg verbietet Gutscheinwerbung bei der Hauptuntersuchung >>
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