Das Landgericht Koblenz hat auf Antrag der Wettbewerbszentrale einem Telekommunikationsunternehmen untersagt, mit der Verfügbarkeit von Internetdienstleistungen zu werben, die an der Adresse des angesprochenen Kunden tatsächlich nicht mit der beworbenen Übertragungsgeschwindigkeit erhältlich sind, wenn diese im Rahmen eines Verfügbarkeits-Checks als unter der angegebenen Adresse verfügbar bestätigt werden (LG Koblenz, Urteil vom 02.10.2020, Az. 1 HK O 96/16 – nicht rechtskräftig). Das Landgericht hat entschieden, dass Aussagen in einem Verfügbarkeits-Check, wonach ein bestimmter DSL-Tarif an der Adresse eines Marktteilnehmers erhältlich ist, dann irreführend sind, wenn die tatsächlichen Übertragungsraten beim Download nur ungefähr 1/7 bzw. 1/8 der Maximalwerte der mit einer Leistungszusage „bis zu“ beworbenen DSL-Tarife ausmachen.
Sachverhalt
Die Beklagte bot auf ihrer Internetseite verschiedene DSL-Tarife an. Im Rahmen dieser Angebote konnten interessierte Marktteilnehmer einen Verfügbarkeits-Check für den entsprechenden Tarif an ihrer Adresse durchführen. Aus den Ergebnissen für die Adresse ergab sich z. B. „Ja, … DSL 50 ist an Ihrem Wohnsitz verfügbar.“ oder „Ja, … DSL 16 ist an Ihrem Wohnsitz verfügbar.“.
Die DSL-Tarife wurden in Bezug auf die Übertragungsraten mit den Angaben „bis zu“ beworben.
Zwei Kunden, die jeweils Verträge über die für ihren Wohnsitz bestätigten Tarife abschlossen, stellten später fest, dass die beworbenen Übertragungsraten im Maximalwert regelmäßig nicht erreicht wurden. Daten aus dem Internet wurden mit deutlich niedrigeren Übertragungsraten heruntergeladen, die nur ungefähr 1/7 bzw. 1/8 der Maximalwerte im Download ausmachten. Die Wettbewerbszentrale sah in dem geschäftlichen Verhalten eine Irreführung und nahm das Telekommunikationsunternehmen auf Unterlassung in Anspruch. Da die Unterlassungserklärung nicht abgegeben wurde, erhob die Wettbewerbszentrale Unterlassungsklage bei dem Landgericht Koblenz.
Das Landgericht Koblenz sieht in den Angaben über die möglichen Übertragungsraten, die als Ergebnis im Rahmen des Verfügbarkeits-Checks mitgeteilt wurden, eine Irreführung und begründet: Der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer, der sich für einen „DSL-Tarif“ mit einer Übertragungsrate von „bis zu“ einem bestimmten Wert beim Download von Daten aus dem Internet entscheide, wisse, dass der Maximalwert regelmäßig nicht erreichbar sei. Die Übertragungsrate hänge nicht nur von technischen Gegebenheiten ab, sondern auch von sonstigen Rahmenbedingungen, die der Tarifanbieter nicht beeinflussen könne. Er nehme aber an, dass der Download von Daten aus dem Internet zumindest mit einer Übertragungsrate möglich sei, deren Durchschnittswert den angegebenen Maximalwert nicht ganz erheblich – um mehr als die Hälfte – unterschreite. Die im Rahmen der Verfügbarkeits-Checks gemachten Angaben zur Leistungsfähigkeit an den jeweiligen Adressen seien irreführend, da die tatsächlichen Übertragungsraten von Daten im Download aus dem Internet mit nur ungefähr 1/7 und 1/8 der auf dieser Grundlage vertraglich vereinbarten Tarifleistungen deutlich unter den Verbrauchererwartungen bleiben würden.
Die Wettbewerbszentrale hatte bereits 2016 Unterlassungsklage bei dem Landgericht Koblenz erhoben. In dem sehr komplexen Verfahren mussten Zeugen gehört werden, und auch ein Sachverständigengutachten wurde in Auftrag gegeben. Es bleibt nun abzuwarten, ob die Entscheidung des LG Koblenz rechtskräftig wird.
Weiterführende Informationen
Zur Rechtsprechung bezüglich Downloadgeschwindigkeit bei Werbung mit Übertragungsraten (abrufbar in der Datenbank der Wettbewerbszentrale, bitte Login eingeben!):
F 7 0076/16
es
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