Seit Jahren schon erhält die Wettbewerbszentrale Beschwerden, dass Motoröle für Kraftfahrzeuge – vornehmlich solche für Personenkraftwagen – mit sog. Herstellerfreigaben beworben werden, obwohl dies nicht den Tatsachen entspricht.
In einem aktuellen Fall hatte ein Discounter in Zeitungsbeilagen neben zahlreichen anderen Non-Food-Artikeln auch verschiedene Produkte für Kraftfahrzeuge beworben, so unter anderem auch SAE-Qualitäts-Motoröle und zwar unter Hinweis auf 51% / 48% billiger als die UVP (= unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers).
Unter Abbildung von zwei Ölkanistern und den Angaben Erstraffinierte Marken-Öle sowie Top-Qualität wurde ein SAE-10W-40 sowie ein SAE-5W-30 Motorenöl unter anderem wie folgt beworben:
Herstellerfreigabe: VW 500 00 (obsolete)/ 501 01/ 505 00 geeignet für
viele Modelle von Volkswagen, Audi, Seat und Skoda.
MB 229.1 geeignet für viele Modelle von Mercedes A-, B-, C- und E-Klasse.
Bei dem zweiten Öl erfolgten ähnliche Hinweise, lediglich noch erweitert um Angaben zu anderen Fahrzeugherstellern, nämlich BMW und weitere Klassen bei Mercedes.
Tatsache ist, dass die in der Werbung genannten Fahrzeughersteller keine Freigaben für die beworbenen Motoröle erteilt haben. Damit täuscht der Discounter in seiner Werbung die angesprochenen Verkehrskreise über die wesentlichen Merkmale der Motorenöle, die Zwecktauglichkeit und Verwendungsmöglichkeit derselben sowie die Ergebnisse und wesentlichen Bestandteile von Tests der Motoröle. Eine solche Werbung begründet einen Verstoß gegen das Irreführungsverbot des § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 UWG. Zugleich liegt in der Werbung auch ein Verstoß gegen das Verbot unlauterer geschäftlichen Handlungen im Sinne von § 3 Abs. 2 UWG. Denn die an Verbraucher adressierte Werbung entspricht nicht der unternehmerischen Sorgfalt und ist dazu geeignet, das wirtschaftliche Verhalten desselben wesentlich zu beeinflussen. Denn wenn der Kfz-Halter die Möglichkeit hat, ein von einem Hersteller für sein Fahrzeug freigegebenes Motoröl – noch dazu mit einer Ersparnis von 51% oder 48% gegenüber der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers – zu erwerben, dann wird er seine Kaufentscheidung zugunsten – angeblich – vom Hersteller freigegebenen Motoröls fällen.
Eine andere wettbewerbsrechtliche Bewertung ergibt sich nicht daraus, dass im Fließtext der Werbung noch der Hinweis enthalten ist: „Grundsätzlich sind die Herstellervorschriften zu beachten und einzuhalten“. Es ist nämlich schon fraglich, ob der Leser diesen Hinweis überhaupt wahrnimmt und wenn, ob er ihn denn in Bezug zu der behaupteten Herstellerfreigabe des Motoröls in Betracht zieht und weitere Nachforschungen anstellt. Das scheidet schon deswegen aus, weil wesentliche Teile der mit einer solchen Werbung angesprochenen Fahrzeuginhaber gar nicht wissen, wie und wo sie etwaige Herstellerfreigaben nachprüfen können.
Die Wettbewerbszentrale hat den Discounter wegen der irreführenden und unlauteren Werbung abgemahnt. Das Unternehmen hat eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, so dass die Angelegenheit außergerichtlich beigelegt werden konnte.
In einem anderen Fall wurde im Rahmen einer B2B-Werbung per Post ein Flyer versandt mit einem Getriebeöl Angebot für 60 Liter Gebinde unter Abbildung eines Ölfasses mit folgenden Hinweisen:
Wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass wir ab sofort
T Getriebeöl für Powershiftgetriebe mit Ford Freigabe anbieten können!
Ford WSS-M2C936-A
Weitere Freigaben:
… MB 236.21
Es war zwar so, dass die Ford Freigabe existierte, nicht aber die für Mercedes Benz angegebene (MB 236.21). Der Hersteller des Öls hatte selbst eine „Empfehlung“ ausgesprochen, verfügte aber nicht über eine Freigabe von Mercedes. Den mit dieser Werbung angesprochenen Verkehrskreisen (bspw. Autohäuser, Werkstätten) ist die Unterscheidung zwischen einer „Freigabe“ durch den Fahrzeughersteller und einer „Empfehlung“ durch die Ölfirma hinlänglich bekannt. Um eine Freigabe von einem Fahrzeughersteller für ein Motor-/Getriebeöl zu erhalten, muss der Ölhersteller nicht nur erhebliche Investitionen tätigen, sondern auch bestimmte technische Anforderungen erfüllen. Der wesentlich kostengünstigere und einfachere Weg besteht darin, eine „Empfehlung“ für das eigene Öl auszusprechen. Das ist im Grundsatz auch zulässig, sofern das Produkt bestimmte Anforderungen erfüllt.
Die Wettbewerbszentrale hatte auch in diesem Fall eine Abmahnung u.a. wegen eines Verstoßes gegen das Irreführungsverbot ausgesprochen und zudem auf die Regelungen der Nr. 4 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG hingewiesen. Nach dieser Vorschrift ist eine unzulässige geschäftliche Handlung die unwahre Angabe, eine Ware (hier. Getriebeöl) sei von einer privaten Stelle (hier: Fahrzeughersteller) bestätigt, gebilligt oder genehmigt worden (hier: Freigabe).
Der anwaltliche Vertreter des Unternehmens vertrat die Ansicht, seine Mandantin sei aufgrund eines Datenblattes des Ölherstellers berechtigt, mit der „Freigabe“ zu werben. Auf diesem Datenblatt wird unter der Rubrik „Spezifikationen“ zum einen mit „OEM-Freigaben“ (dort ist aber nicht die hier beanstandete MB 236.21 enthalten) und zum anderen mit dem Hinweis „T empfiehlt den Einsatz bei: … MB 236.21“ geworben. Dieses Datenblatt ändert aber nichts an der rechtlichen Bewertung. Denn eine „Empfehlung“ stellt keine „Freigabe“ dar.
In einem sich anschließenen Verfahren vor der Einigungsstelle für Wettbewerbsstreitigkeiten bei der Industrie- und Handelskammer Koblenz hat sich das Unternehmen unter Bezugnahme auf die Werbung strafbewehrt gegenüber der Wettbewerbszentrale unterworfen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für eine Getriebeöl mit Freigaben zu werben, sofern dies nicht den Tatsachen entspricht, insbesondere das „T Getriebeöl für Powershiftgetriebe“ mit der Freigabe „MB 236.21“ zu bewerben.
Weiterführende Informationen
Zur Tätigkeit der Wettbewerbszentrale im Bereich Automotive/Kfz >>
M 1 0199/20, M 1 0101/19
ao
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