Der EuGH hat im Vorabentscheidungsverfahren (Rs. C-432/18) zum Schutze der Bezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ am 4. Dezember 2019 entschieden, dass „Balsamico“ kein geschützter Begriff ist. So dürfen auch Essigprodukte, die nicht aus Modena stammen, als „Balsamico“ bezeichnet werden.
Bei der Bezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ handelt es sich um eine geschützte geografische Bezeichnung (g.g.A.).
Der BGH hatte in einem Rechtsstreit zwischen einem Hersteller von essigbasierten Produkten aus dem Raum Baden und einem Konsortium von Erzeugern von „Aceto Balsamico di Modena“ das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt (Beschluss v. 12.04.2018, Az. I ZR 253/16). Der BGH möchte wissen, ob sich der Schutz der Gesamtbezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ auf die Verwendung der einzelnen nichtgeografischen Begriffe der zusammengesetzten Bezeichnung („Aceto“, „Balsamico“, „Aceto Balsamico“) erstreckt.
Der Kläger vertreibt Produkte unter der Bezeichnung „Balsamico“ und „Deutscher Balsamico“.
Dem Rechtsstreit vorausgegangen war eine Abmahnung des Beklagten gegenüber dem Kläger. Mit der Abmahnung beanstandete der Erzeuger-Zusammenschluss die Verwendung der Bezeichnung „Balsamico“. Hierdurch werde die g.g.A. „Aceto Balsamico di Modena“ verletzt.
Mit seiner Klage wollte der Kläger feststellen lassen, dass er gegenüber dem Beklagten nicht verpflichtet ist, die Verwendung der Bezeichnung „Balsamico“ für in Deutschland hergestellte und auf Essig basierende Produkte zu unterlassen.
Das LG Mannheim wies diese negative Feststellungsklage ab (Urteil v. 15.09.2015, Az. 2 O 187/14). Die Berufung vor dem OLG Karlsruhe hatte Erfolg (Urteil v. 09.11.2017, Az. 6 U 176/15). Der Erfolg der Revision des Beklagten hing nun von der Auslegung des Art. 1 Balsamico-Bezeichnungs-VO (583/2009/EG) ab.
Der BGH führte aus, die Revision habe Erfolg, wenn die von dem Kläger verwendeten Bezeichnungen „Balsamico“ und „Deutscher Balsamico“ gegen § 135 Abs. 1 MarkenG i. V. m. Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. a, lit. b der QualitätsregelungsVO für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (1151/2012/EU) verstoßen. Dies wiederum setze voraus, dass sich der gewährte Schutz der Gesamtbezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ auf die Verwendung der einzelnen nichtgeografischen Begriffe der zusammengesetzten Bezeichnung („Aceto“, „Balsamico“, „Aceto Balsamico“) erstrecke. Daran habe der BGH aufgrund der „Parmegiano Reggiano“-Rechtsprechung des EuGH (Urteil v. 26.02.2008, Rs. C-132/05) sowie der Entscheidungen „Gouda Holland“ und „Edam Holland“ (Beschlüsse v. 06.10.2015, Rs. C-519/14 und C-517/14) Zweifel. Die Europäische Kommission könnte mit ihren Ausführungen in Satz 3 des Erwägungsgrunds 10 der Balsamico-Bezeichnungs-VO zum Ausdruck gebracht haben, dass sich der Schutz der Gesamtbezeichnung nicht auf deren einzelne nichtgeografische Bestandteile beziehe. Um dies zu klären, legte der BGH dem EuGH die Frage der Reichweite des Schutzes der Bezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“zur Vorabentscheidung vor.
Mit seinem Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass sich der Schutz der Bezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ nicht auf die Verwendung ihrer einzelnen nicht geografischen Begriffe erstreckt. Der Gerichtshof führt aus, dass die Eintragung der in Rede stehenden g.g.A. und der sich aus ihr ergebende Schutz die Bezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ als Ganzes betreffen, weil diese Bezeichnung sowohl auf dem nationalen Markt als auch im Ausland ein unzweifelhaftes Ansehen genössen. Dagegen könnten die nicht geografischen Begriffe dieser g.g.A., nämlich „aceto“ und „balsamico“, sowie ihre Kombination und ihre Übersetzungen nicht in den Genuss dieses Schutzes kommen, insbesondere weil der Begriff „aceto“ ein üblicher Begriff sei und der Begriff „balsamico“ ein Adjektiv sei, das üblicherweise zur Bezeichnung eines durch einen süßsauren Geschmack gekennzeichneten Essigs verwendet werde. Geschützt ist demnach nur die Bezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ als Ganzes.
Die Zurückweisung der Revision durch den BGH ist mit dem Urteil des EuGH vorgezeichnet.
Weiterführende Informationen
Pressemitteilung des EuGH v. 04.12.2019 im Volltext>>
hg
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