In dem von der Wettbewerbszentrale geführten Grundsatzverfahren zur Frage der Zulässigkeit eines von einer Sparkasse verlangten Bankentgelts für die Ein- und Auszahlung am Bankschalter hat der BGH entschieden (Urteil vom 18.06.2019, Az. XI ZR 768/17): Nach der heutigen Pressemitteilung des BGH dürfen Banken angesichts der geänderten Rechtslage zum Zahlungsdiensterecht aus dem Jahr 2009 grundsätzlich Entgelte für Barein- und Auszahlungen auf oder vom Girokonto verlangen, ohne dass eine Freipostenregelung vorgesehen ist. Allerdings kann bei Kontoverbindungen von Verbrauchern die Höhe des verlangten Entgelts von den Gerichten überprüft werden. Insofern hat der Bankensenat des BGH das Verfahren an das OLG München zurückverwiesen.
Die beklagte Sparkasse hatte je nach Kontomodell für die Auszahlung von Bargeld an der Kasse zwei Euro oder einen Euro berechnet. Eine Freipostenregelung sahen die AGB der Sparkasse nicht vor. Die Wettbewerbszentrale hatte die Berechnung des Entgelts für die Barauszahlung an der Kasse als unzulässig beanstandet und Unterlassung begehrt. Sie hält diese Praxis für unzulässig und stützt sich dabei auf zwei Entscheidungen des BGH aus den Jahren 1993 und 1996 (BGH, Urteil vom 30. November 1993 – Az. XI ZR 80/93 und Urteil vom 7. Mai 1996 – Az. XI ZR 217/95).
Das OLG München als Vorinstanz war der Auffassung, dass die Klauseln im Preisverzeichnis der Sparkasse, die die Berechnung des Entgeltes vorsehen, nicht der Inhaltskontrolle des AGB-Rechts unterliegen (OLG München, Urteil vom 12. Oktober 2017, Az. 29 U 4903/16, nicht rechtskräftig).
Der BGH hält in seinem heutigen Urteil an seiner bisherigen Rechtsprechung zur Kontrollfähigkeit derartiger Entgelte bei mit Verbrauchern geschlossenen Giroverträgen fest. Er stellt allerdings klar, dass entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung die Berechnung eines Entgeltes für die Ein- und Auszahlung aufgrund der Änderung des Zahlungsdiensterechts (§ 675 c ff. BGB) grundsätzlich zulässig ist. Allerdings unterliege die Höhe des Entgelts der gerichtlichen Kontrolle, wobei er zusätzlich darauf hinweist, dass die Banken nur die Kosten geltend machen dürfen, die unmittelbar durch den Einzahlungs- oder Auszahlungsvorgang entstehen (sog. transaktionsbezogene Kosten) und nicht etwa Gemeinkosten wie z.B. allgemeine Personalkosten, Schulungen und Geräte.
„Wir begrüßen diese Klarstellung durch den BGH, dass Bankentgelte weiter der Höhe nach von den Gerichten kontrolliert werden können und warten jetzt die Urteilsgründe des BGH ab“, erklärt Peter Breun-Goerke, Syndikusrechtsanwalt der Wettbewerbszentrale, in einer ersten Bewertung. Das OLG München werde anhand dieses BGH-Urteils die Entgelte im konkreten Fall der Höhe nach überprüfen müssen, so Breun-Goerke weiter.
Weiterführende Informationen
Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 18.06.2019 Nr. 081/2019 (im Internetangebot des BGH) >>
pbg
Weitere aktuelle Nachrichten
-
OLG Frankfurt a. M. untersagt „Anti-Kater“-Werbung für Mineralstofftabletten
-
Rückblick: Konferenz „Wettbewerb, Nachhaltigkeit & Recht“
-
Rückblick: „Jura in der Praxis“ der Julius-Maximilians-Universität Würzburg
-
Rückblick: Internationaler Kongress der Liga in London
-
Landgericht Mainz zur Assoziation von „After Party Shots“ mit einem Alkoholkater