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Schlussanträge des Generalanwalts beim EuGH zur Voreinstellung von Mailbox- und Internetzugangsdiensten auf SIM-Karten

Ist es zulässig, auf einer SIM-Karte Voreinstellungen zu Mailbox- und Internetzugangsdiensten vorzunehmen, ohne den Verbraucher vorher darüber zu informieren, oder stellt dies eine unlautere oder aggressive Geschäftspraxis dar?

In einem Verfahren vor dem EuGH hat der Generalanwalt am 31. Mai 2018 hierzu seine Schlussanträge verlesen

Ist es zulässig, auf einer SIM-Karte Voreinstellungen zu Mailbox- und Internetzugangsdiensten vorzunehmen, ohne den Verbraucher vorher darüber zu informieren, oder stellt dies eine unlautere oder aggressive Geschäftspraxis dar?

In einem Verfahren vor dem EuGH hat der Generalanwalt am 31. Mai 2018 hierzu seine Schlussanträge verlesen (verbundenen Rechtssachen C-54/17 – AGCM/Wind Tre SpA und C-55/17 – AGCM/Vodafone Italia Spa).

Die Telekommunikationsunternehmen Wind Tre und Vodafone Italia hatten SIM-Karten für den Einsatz in Smartphones verkauft, bei denen Mailbox- und Internetzugangsdienste voreingestellt waren. Darüber wurde der Verbraucher jedoch nicht informiert. Hiergegen ging im Jahr 2012 die italienische Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde AGCM vor und verhängte jeweils Geldbußen wegen aggressiver Geschäftspraktiken gegen die beiden Unternehmen.

Der Staatsrat Italien setzte ein Gerichtsverfahren der beiden Unternehmen gegen die AGCM wegen der verhängten Geldbußen aus und legte dem EuGH u. a. die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob das Verhalten der Telefongesellschaften als „unbestellte Waren oder Dienstleistungen“ oder als „aggressive Geschäftspraxis“ i. S. d. UGP-RL (2005/29/EG) angesehen werden könne.

In dieser Sache legte der Generalanwalt nun seine Schlussanträge vor.

Er vertritt die Auffassung, dass zwar nicht ausgeschlossen werden könne, dass es sich bei den Voreinstellungen auf der SIM-Karte um eine rechtswidrige Lieferung unbestellter Waren oder Dienstleistungen handle. Ein Durchschnittsverbraucher müsse nicht vernünftigerweise vermuten, dass sein elektronisches Gerät mit einem solchen Dienst ausgestattet sei. Es sei aber darüber hinaus erforderlich, dass das Unternehmen den Verbraucher zur Bezahlung dieses Dienstes auffordere. Das vorlegende Gericht habe dazu jedoch festgestellt, dass zwar mit der Voreinstellung der Dienste und damit der Lieferung an sich kein Einverständnis bestanden habe, wohl aber mit der Zahlung, zu der der Verbraucher aufgefordert worden sei. Wenn diese Feststellung dem tatsächlichen Geschehen entspreche und der Verbraucher auch über die Preise der Mailbox- und Internetzugangsdienste informiert wurde, habe in diesem Fall ein Durchschnittsverbraucher schon zu dem Schluss kommen können, dass die erworbene SIM-Karte solche Dienste anbiete. Ansonsten hätte es keinen Sinn gehabt, ihn über diese Kosten zu informieren. Diesbezüglich sei es Sache des nationalen Gerichts, festzustellen, ob die Informationen über die Preise der Mailbox- und Internetzugangsdienste in einer Art und Weise erteilt wurden, die keine Zweifel daran entstehen ließ, dass diese Dienste voreingestellt waren.

Hinsichtlich des Vorliegens einer aggressiven Geschäftspraxis ist der Generalanwalt der Ansicht, dass das Verhalten der Unternehmen die Voraussetzung einer solchen gemäß Art. 8, 9 UGP-RL nicht erfülle. Insoweit sei entscheidend, ob das Unternehmen durch das Vorenthalten der Informationen die Wahlfreiheit des Verbrauchers in einer Weise beeinträchtigt habe, dass er ihn gezwungen habe, vertraglichen Verpflichtungen zuzustimmen, denen der Verbraucher unter anderen Umständen nicht zugestimmt hätte.

Es bleibt abzuwarten, ob der EuGH der Auffassung des Generalanwalts folgt. Eine Entscheidung in dieser Sache steht noch aus.

Weiterführende Informationen

Pressemitteilung Nr. 72/18 des EuGH v. 31.05.2018 >>

Schlussanträge des Generalanwalts v. 31.05.2018 im Volltext (aus der EU-Rechtsprechungsdatenbank curia.europa) >>

(lk)

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