Das Oberlandesgericht Dresden hat einer Krankenkasse (Urteil vom 14.07.2015, Az. 14 U 584/15 – nicht rechtskräftig) untersagt, im Rahmen der Kündigungshilfe beim Wechsel der Krankenversicherung ein generelles Kontaktverbot zu initiieren. Damit erteilt das Gericht einer in der Versicherungsbranche häufig geübten Praxis, im Falle der Umversicherung ein Kontaktverbot zu initiieren, eine deutliche Absage.
Im konkreten Fall hatte die Krankenkasse im Internet für potentielle Neukunden ein Schreiben zur Kündigung der Mitgliedschaft bei Mitbewerbern zur Verfügung gestellt. Dieses enthielt die Erklärung, dass der Versicherungskunde „sämtliche in der Vergangenheit abgegebenen Werbe- und Anruferlaubnisse widerrufe“, und zusätzlich wurde aufgeführt, dass dies auch für Rückwerbeversuche gelten solle.
Das OLG Dresden stellt zunächst klar, dass das Bereitstellen eines Schreibens zur Kündigungshilfe grundsätzlich zulässig ist. Die Hilfestellung bei der ordnungsgemäßen Auflösung von Versicherungsverträgen sei grundsätzlich zulässig und auch nicht wettbewerbswidrig, zumal eine solche Dienstleistung Verbraucher auch nicht unsachlich zum Abschluss eines Versicherungsvertrages veranlasse.
Ebenso für zulässig erachtet es das Gericht, dass der neue Vertragspartner sich im Rahmen der Kündigungshilfe bevollmächtigen lasse, die Kündigungsbestätigung entgegenzunehmen, insbesondere auch deswegen, weil im Bereich des Wechsels von Krankenkassen diese Bestätigung dem neuen Versicherer vorzulegen ist.
Unzulässig sei es aber, die wettbewerbliche Entfaltung von Mitbewerbern durch ein solches Kontaktverbot zu beeinträchtigen. Hauptziel sei nicht die Förderung des eigenen Wettbewerbs, sondern die gezielte Behinderung des Konkurrenten, die dazu führe, dass die von der Kündigung betroffene Krankenkasse ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr angemessen anbieten könne. Es werde dem Unternehmen unmöglich, sogar noch vor Wirksamkeit der Kündigung und Beendigung der Mitgliedschaft Fragen z. B. zur Abwicklung des Versicherungsverhältnisses sowie die Klärung von Leistungsansprüchen und Beitragsrückständen mit dem Versicherten herbeizuführen. Damit würden zulässige, den Wettbewerb fördernde Anstrengungen, gegebenenfalls auch den abgeworbenen Versicherten doch noch bei sich zu halten, in wettbewerbswidriger Weise unterbunden.
pbg
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