Auch wenn die Kraftstoffpreise in den letzten Monaten deutlich gesunken sind, reagiert der Verbraucher doch mit besonderer Sensibilität auf Werbeaussagen, mit denen eine deutliche Kraftstoffersparnis versprochen wird. Geht dies noch einher mit Hinweisen auf eine spürbare Reduktion von Schadstoffemissionen, so ist zusätzlich das Verantwortungsgefühl für die Umwelt angesprochen. Dies macht es erforderlich, zur Vermeidung einer Irreführung strenge Maßstäbe bei der lauterkeitsrechtlichen Bewertung anzulegen.
Ein Anbieter eines „biologischen Enzym-Zusatzes“, der insbesondere in fossilen Kraftstoffen seine Wirkung entfalten soll, gab der Wettbewerbszentrale nach entsprechenden Anfragen und Beschwerden Anlass, das Unternehmen zunächst aufzufordern, wissenschaftlich gesicherte Nachweise für die verbrauchsreduzierende Wirkung der Bioenzyme in Kraftstoffen vorzulegen. Recherchen hatten nämlich zuvor ergeben, dass es zu Wirksamkeit und Funktionstüchtigkeit gerade keine validen Forschungsergebnisse gibt. Nachdem die Antwort des Unternehmens unbefriedigend ausfiel, sah sich die Wettbewerbszentrale veranlasst, klageweise gegen diverse Aussagen im Zusammenhang mit dem Einsatz von Bioenzymen im Kraftstoff wegen Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise vorzugehen. Diese Klage hatte nunmehr Erfolg. Das Landgericht Karlsruhe untersagte unter Androhung von Ordnungsmitteln dem Unternehmen mit Urteil vom 23.01.2015 zum Az. 13 O 44/14 KfH I die Werbung mit den Aussagen
a) „…ist ein biologischer Enzymzusatz, welcher universell in allen fossilen Kraftstoffen, sowie Biokraftstoffen (Benzin, Super, Diesel, E10 etc.) funktioniert“
und/oder
b) „das Ergebnis ist damit ein sehr sauberer Kraftstoff, der entsprechend besser verbrennt, dadurch wird zwischen 6% und 15% Kraftstoff eingespart und erheblich weniger Schadstoff in die Umwelt abgegeben“
und/oder
c) „Sie bewirken eine bedeutende Reduktion der Schadstoffemissionen und verringert den Kraftstoffverbrauch deutlich!“.
Auch im Zuge der gerichtlichen Auseinandersetzung war zur Überzeugung des Gerichts der wissenschaftliche Nachweis dem werbenden Unternehmen nicht gelungen. Zur Beweislastfrage führte das Gericht zutreffend aus: „Wer so schlagkräftig mit geradezu sensationellen Wirkungen von ihm vertriebener Produkte wirbt und damit in Zeiten hoher Kraftstoffpreise ein breites Publikum anspricht wie die Beklagte, muss auch den entsprechenden Nachweis führen.“ Selbst ein von dem beklagten Unternehmen dargelegter Feldversuch mit 18 Großkunden sei, so heißt es im Urteil weiter, nicht geeignet, den ausreichenden wissenschaftlichen Nachweis der Eignung des Produktes zur Kraftstoffersparnis in der beworbenen Größenordnung sowie der beworbenen Folgewirkungen wie Reduktion der Schadstoffemissionen erbringen. Diese Ergebnisse seien nämlich stark von Rahmenbedingungen wie Fahrzeugtyp, Motorentyp, Hubraum, Zylinderzahl, Laufleistung, Verschmutzungsgrad, Fahrertyp etc. abhängig. Allein eine Vielzahl von Untersuchungen, auch unter Laborbedingungen, sei erforderlich, um stichfeste Messergebnisse zu erzeugen. Entscheidend gehe es darum, dass der Kraftstoffverbrauch jeweils unter einheitlichen Bedingungen zutreffend erfasst und bestimmte Rahmenbedingungen eingehalten werden. Der Feldversuch war danach ungeeignet, um der Darlegungslast zu genügen.
Nach alledem musste das Gericht daher von einer relevanten Täuschung des Publikums über wesentliche Merkmale des Produkts i. S. des § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG ausgehen.
Es bleibt abzuwarten, ob das beklagte Unternehmen diese noch nicht rechtskräftige Entscheidung im Wege der Berufung zum Oberlandesgericht Karlsruhe überprüfen lässt.
(HH 1 0568/13)
pb
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