Der Bundesgerichtshof hat in einem erst jetzt veröffentlichten Urteil entschieden, dass es mit den apothekenrechtlichen Vorschriften vereinbar ist, wenn ein Krankenhaus oder eine von einem Krankenhaus beauftragte Person im Rahmen des Entlassmanagements den Patienten die benötigten Medikamente durch eine Kooperationsapotheke ans Krankenbett liefern lässt. Voraussetzung ist, dass der Patient keine Belieferung durch eine andere Apotheke wünscht (BGH, Urteil vom 13.03.2014, Az. I ZR 120/13).
Der Entscheidung liegt ein Streit zweier Apotheker zugrunde. Einer der Apotheker ist Kooperationspartner eines Patientenrings. Dieser Patientenring bietet Patienten der Universitätsklinik Freiburg, die sich damit einverstanden erklärt haben, an, die von ihnen bei ihrer Entlassung aus der Klinik benötigten Medikamente durch eine Kooperationsapotheke an ihr Krankenbett liefern zu lassen. Eine dieser Kooperationsapotheken war der beklagte Apotheker. Grundsätzlich kann aber jede Apotheke, die die vom Patientenring aufgestellten Qualitätsanforderungen erfüllt, mit diesem zusammenarbeiten.
In dem Verfahren ging es um den Widerspruch zwischen den apothekenrechtlichen und den sozialrechtlichen Bestimmungen. Nach § 11 Abs. 1 Apothekengesetz dürfen Apotheker mit Ärzten oder anderen Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen, keine Absprachen treffen, die die Zuweisung von Verschreibungen vorsehen. Auch die Berufsordnungen sehen ein Zuweisungsverbot vor. So heißt es z. B. in § 12 der Berufsordnung der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg, dass Vereinbarungen, Absprachen und Handlungen, die die Zuweisung von Verschreibungen zur Folge haben können, vorbehaltlich gesetzlich geregelter Ausnahmen unzulässig sind. Auf der anderen Seite erfordern die sozialrechtlichen Bestimmungen ein Versorgungsmanagement, mit dem insbesondere Probleme beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche, also etwa von der stationären in die ambulante Behandlung, gelöst werden sollen (§ 11 Abs. 4 SGB V für das so genannte Versorgungsmanagement, § 39 Abs. 1 Satz 4 6 SGB V für das so genannte Entlassmanagement). Dazu gehört auch die Bereitstellung der bei Entlassung des Patienten notwendigen Arzneimittel. Die Koordinierung der weiteren Versorgung mit Medikamenten umfasse danach – so der BGH – die Pflicht der mit der Durchführung des Entlassmanagements befassten Personen, den ersten Kontakt mit der vom Versicherten gewünschten Apotheke oder mit einer nach den Umständen als geeignet erscheinenden Apotheke herzustellen. Das Gericht erläutert in seiner Entscheidung, dass die neuere und speziellere Regelung des Entlassmanagements den Vorrang habe vor den apothekenrechtlichen Bestimmungen. Nach Auffassung der BGH-Richter kommt in diesem Fall dem Ziel des Entlassmanagements, durch einen reibungslosen Übergang vom Krankenhaus in eine andere Versorgungsform Gefahren vom Patienten abzuwehren, das größere Gewicht zu.
ck
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