Das Oberlandesgericht Koblenz hat mit Urteil vom 08.05.2013, Az. 9 U 1415/12, die Berufung der Beklagten gegen das von der Wettbewerbszentrale erstrittene Urteil des Landgerichts Koblenz vom 30.10.2012, Az. 1 HK O 177/11, zurückgewiesen. Das Landgericht Koblenz hatte den beklagten Telekommunikationsanbieter wegen irreführender Preiswerbung in einem Fernsehspot und im Internet zur Unterlassung verurteilt (siehe hierzu Aktuelles vom 06.12.2012 >> ). Das Unternehmen hatte im Fernsehen und im Internet für die Buchung einer sog. All-Net-Flat zum Preis von 29,99 Euro neben einem durchgestrichenen Preis von 39,99 Euro geworben. Gleichzeitig war das Samsung Galaxy S gezeigt worden mit der Preisangabe: „0,–“, hierzu führte der Werbefilm u. a. aus:
„Unbegrenzt im Internet surfen. Kostenlos ins deutsche Festnetz und in alle
Handy-Netze telefonieren. Das ganze in bester D-Netz-Qualität. Entweder mit eigenem
Handy oder das SAMSUNG Galaxy S für 0,– € dazubestellen. Nur bei … .de“.
Diejenigen, die den Tarif mit Smartphone für 0,– € buchen wollten, mussten allerdings feststellen, dass monatlich 39,99 und nicht 29,99 Euro für 24 Monate für die Flat mit Smartphone zu zahlen waren.
Auch auf der Startseite ihres Internetauftrittes warb die Beklagte für den All-Net-Flat-Tarif zum Preis von 29,99 Euro und daneben mit einem durchgestrichenen Preis von 39,99 Euro, ohne Erläuterung. Gleichzeitig bildete sie neben der Darstellung der Flat ein Mobiltelefon des Herstellers SAMSUNG ab, wieder mit der Preisangabe: „0,–“. Lediglich über einen Sternverweis konnten die Interessenten erfahren, dass die All-Net-Flat einschließlich Smartphone für 0,– € monatlich nicht 29,99 € kosten sollte, sondern 39,99 €. Damit verteuerte sich ein 24-Monate-Laufzeitvertrag einschließlich Smartphone um 240,00 Euro (siehe hierzu Aktuelles vom 06.12.2012 >> ).
Die Wettbewerbszentrale hatte die Werbeaussage wegen Irreführung beanstandet, weil bei Verbrauchern der Eindruck entstehe, die All-Net-Flat einschließlich SAMSUNG Galaxy für 0,– Euro koste bei Abschluss eines 24-Monate-Laufzeitvertrages nur 29,99 Euro monatlich.
Das Oberlandesgericht Koblenz hält im Hinblick auf diese Werbeaussage sowohl den Internetauftritt als auch die Fernsehwerbung der Beklagten für irreführend. Es werde der Eindruck vermittelt, bei Abschluss eines Mobilfunkvertrages zum monatlichen Preis von 29,99 Euro könne zusätzlich zu den angebotenen Telekommunikationsleistungen ohne weitere Kosten ein Mobiltelefon erworben werden. Der Einwand der Beklagten, wonach der alternative Preis in Höhe von monatlich 39,99 Euro in der Werbung angegeben sei, greife nicht durch. Die in der Werbung enthaltene Preisangabe von 39,99 Euro sei durchgestrichen. Eine durchgestrichene Preisangabe habe nach der Verkehrsanschauung keine Gültigkeit.
Bei dem Gesamtangebot im Internet, wonach in unmittelbarer räumlicher Nähe des in den Blickfang gestellten Mobiltelefons mit der Preisangabe 0,– Euro und der Auflistung des Tarifangebotes zum Preis von 29,99 Euro monatlich geworben werde, gehe der Verbraucher davon aus, dass es sich um zwei Komponenten eines einheitlichen Leistungspaketes handele. Der Verbraucher müsse nicht damit rechnen, dass eine in den Blickfang gestellte Information, wie hier der in Bezug genommene Preis, objektiv unrichtig sei und durch eine abweichende – höhere – Preisangabe im Kleingedruckten „richtiggestellt“ werden soll.
Auch in dem beanstandeten Werbefilm werde dem Verbraucher ein einheitliches Leistungsangebot, bestehend aus Mobilfunkvertrag und Mobiltelefon, zum Gesamtpreis von monatlich 29,99 Euro angepriesen. Diese Wertung ergebe sich aus dem Film, wonach zunächst das Mobiltelefon, sodann das Tarifangebot für den Mobilfunkvertrag zum Preis von 29,99 Euro und nachfolgend erneut das Mobiltelefon mit der bildhaften Darstellung des Preises von 0 Euro gezeigt werde. Auch der gesprochene Werbetext mit der objektiv falschen Angabe: „Entweder mit eigenem Handy oder das Samsung Galaxy S für 0 Euro dazu bestellen“ spreche für ein einheitliches Leistungsangebot zum Preis von monatlich 29,99 Euro. In dem Werbefilm befänden sich keine Hinweise, wonach der Preis für den Mobilfunkvertrag sich bei Bestellung des Mobiltelefons auf monatlich 39,99 Euro erhöhe.
Schließlich hält das Oberlandesgericht Koblenz auch die Aussage „unbegrenzt im Internet surfen“ für irreführend. Die Wettbewerbszentrale hatte diese Aussage als irreführend beanstandet, da die Beklagte eine Drosselung der Datentransfergeschwindigkeit von zunächst bis zu 7.200 kBit/s auf bis zu 64 kBit/s vornimmt, wenn der Verbraucher ein Datenvolumen von 500 MB innerhalb eines Monats erreicht hat. Die Drosselung der Internetgeschwindigkeit schränke die Nutzungsmöglichkeit für Verbraucher erheblich ein. Der Einwand der Beklagten, wonach in dem Werbefilm diese Drosselung nicht dargestellt werde, verfange nicht. Das Gericht wies darauf hin, die Aussage „das ganze in bester D-Netz Qualität“ beziehe sich aus Sicht des Verbrauchers auf die Internetnutzungsmöglichkeit. Der Verbraucher erwarte, dass ihm diejenige Datentransfergeschwindigkeit zur Verfügung gestellt werde, die aufgrund der Netzabdeckung der Telekom jeweils erreicht ist. Der Verkehr müsse aufgrund der Anpreisung „unbegrenzt im Internet surfen“ nicht damit rechnen, dass die Beklagte selbst eine Drosselung der Datentransfergeschwindigkeit vornehme und damit die Internetnutzung aktiv beeinträchtigt, obwohl aufgrund der Netzabdeckung eine Internetnutzung mit höherer Geschwindigkeit möglich wäre.
es
Weiterführende Informationen
(DO 1 0586/11)
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