Das Oberlandesgericht Celle (OLG) hat in einem von der Wettbewerbszentrale geführten Verfahren drei Zahnärzte zur Zahlung einer Vertragsstrafe verurteilt, den von der Wettbewerbszentrale aber gleichzeitig geltend gemachten Unterlassungsanspruch zurückgewiesen (OLG Celle, Urteil vom 30.05.2013, 13 U 160/12).
Die Beklagten hatten sich in einem gerichtlichen Vergleich verpflichtet, es zu unterlassen, für die zahnärztliche Tätigkeit einer Mitarbeiterin zu werben, ohne darauf hinzuweisen, dass diese als Vorbereitungsassistentin noch über keine kassenärztliche Zulassung verfügt. Das OLG hat die Entscheidung des Landgerichts, das die Gegenseite bereits zur Zahlung der Vertragsstrafe verurteilt hatte, bestätigt. Rechtlich interessanter ist allerdings die Bewertung von Abbildungen in einer Art Patientenzeitschrift der Zahnärzte. Diese schilderten in einem Bericht ausführlich die Krankengeschichte einer Patientin, die aus panischer Angst vor dem Zahnarzt jahrelang jeden Zahnarztbesuch vermied. Nachdem die Patientin einen Lebenspartner kennenlernte, „kam neuer Mut, sich ihrem Problem zu stellen. Für ihn wollte die gelernte Einzelhandelskauffrau aus Niedersachsen wieder hübsch sein.“ Letztlich wurde ihr Gebiss erfolgreich in der Praxis der Beklagten saniert. Der Artikel zeigt u. a. den geöffneten Mund der Patientin mit dem Untertitel „Jahrelange Vernachlässigung zerstört Zähne und Zahnfleisch“. Auf einem weiteren Bild sieht man einen Ausschnitt aus dem Gesicht der lächelnden Patientin, das die Unterschrift trägt „Nach der Behandlung: Starke Zähne und eine strahlende Patientin“. Das Landgericht Verden hatte die Beklagten im Hinblick auf § 11 Abs. 1 Nr. 5b HWG, der zu diesem Zeitpunkt noch Geltung hatte, zur Unterlassung verurteilt (Urteil vom 06.08.2012, Az. 9 U 66/11). Danach war eine Werbung für Verfahren oder Behandlungen mit der bildlichen Darstellung der Wirkung eines solchen Verfahrens oder einer solchen Behandlung durch vergleichende Darstellung des Aussehens vor und nach der Anwendung verboten.
Mit den im Oktober 2012 in Kraft getretenen Änderungen des Heilmittelwerbegesetzes wurde dieses Verbot gestrichen. Vorher-Nachher-Abbildungen sind nach § 11 Abs. 1 Satz 3 HWG nur noch für operative plastisch-chirurgische Eingriffe verboten. Nach der Definition in § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG sind dies Eingriffe ohne medizinische Notwendigkeit. Bildliche Darstellungen sind nur dann verboten, wenn sie „in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise Veränderungen des menschlichen Körpers aufgrund von Krankheiten oder Schädigungen“ zeigen (§ 11 Abs. 1 Nr. 5 HWG).
Das OLG Celle sah keinen Verstoß gegen diese heilmittelwerberechtlichen Vorschriften. Es betonte, dass eine nach § 11 Abs. 1 Satz 3 HWG verbotene Werbung schon deshalb nicht vorliege, weil sich die Werbeaussage nicht auf die Veränderung des menschlichen Körpers ohne medizinische Notwendigkeit beziehe. Es sei zwar in der beanstandeten Werbung auch darum gegangen, die Attraktivität der Patientin wieder herzustellen. Auf der anderen Seite lasse sich der Werbung aber deutlich entnehmen, dass für die umfassende Gebisssanierung eine medizinische Indikation bestand. Ebenso sah das Gericht in den beiden Abbildungen keine abstoßende bildliche Darstellung. Dabei stellte das Gericht darauf ab, dass in der Aufnahme die Frontzähne nur schemenhaft abgebildet waren und die Fotografie ein eher kleines Format aufwies. Dass die Oberkieferlippen mittels eines zahnärztlichen Geräts nach außen gezogen wurden, um das Gebiss freizulegen, sei eine übliche zahnärztliche Maßnahme. Insgesamt – so befanden die Richter – hält sich die Darstellung mit der eher zurückhaltenden Ablichtung des geöffneten Mundes „noch im Bereich des Erträglichen“.
Das OLG Celle stellt damit erste Kriterien zur Beurteilung der Frage auf, wann eine Abbildung „abstoßend“ ist. Fraglich ist dagegen, ob das Verbot der vergleichenden Abbildungen tatsächlich nur bei ausschließlich auf kosmetischen Indikationen beruhenden Eingriffen gilt. Mit Blick auf das vom Heilmittelwerberecht verfolgte Ziel, den Verbraucher vor unsachlicher Beeinflussung zu schützen, wäre in diesem Fall eine strengere Auffassung durchaus berechtigt gewesen, da die beworbene Behandlung auch zu ästhetischen Zwecken erfolgte.
ck
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