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BGH legt dem EuGH Fragen zum Glücksspielrecht vor

In einem aktuellen Verfahren (Beschluss vom 24. 01.2013 – Az. I ZR 171/10 – digibet) wendet sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit vier Fragen zum Glücksspielrecht an den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Hintergrund ist ein Rechtsstreit der staatlichen Lottogesellschaft Nordrhein-Westfalen gegen einen Anbieter von Glücksspielen und Sportwetten im Internet. Die staatliche Lottogesellschaft hält das Internetangebot der Beklagten für wettbewerbswidrig.

In einem aktuellen Verfahren (Beschluss vom 24. 01.2013 – Az. I ZR 171/10 – digibet) wendet sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit vier Fragen zum Glücksspielrecht an den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Hintergrund ist ein Rechtsstreit der staatlichen Lottogesellschaft Nordrhein-Westfalen gegen einen Anbieter von Glücksspielen und Sportwetten im Internet. Die staatliche Lottogesellschaft hält das Internetangebot der Beklagten für wettbewerbswidrig.

Gegenwärtig gilt seit dem 1.01.2012 in Schleswig-Holstein ein liberalisiertes Glücksspielrecht. Danach sind Vertrieb und Werbung für Glücksspiele im Internet grundsätzlich zulässig; unter bestimmten objektiven Voraussetzungen ist die Genehmigung für den Vertrieb öffentlicher Wetten jedem Antragsteller aus der EU zu erteilen. In den übrigen Bundesländern gilt dagegen inzwischen ein neuer Glücksspielstaatsvertrag (1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag GlüStV 2012). Der GlüStV 2012 enthält weiterhin Vertriebs- und Werbeverbote für das Glücksspiel im Internet. Zwar kann die Verwendung des Internets zu diesen Zwecken unter bestimmten Voraussetzungen nunmehr erlaubt werden. Auf die Erlaubniserteilung besteht aber kein Rechtsanspruch. Damit unterscheidet sich die Rechtslage im übrigen Bundesgebiet wesentlich von der Schleswig-Holsteins.

Nach der Rechtsprechung des EuGH sind Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit nur dann mit der Dienstleistungsfreiheit vereinbar, wenn dadurch legitime Allgemeininteressen verfolgt werden und diese nicht durch Ausnahmen und Einschränkungen wieder aufgehoben werden (Kohärenzgebot).

Die Liberalisierung von Internetvertrieb und -werbung für Glücksspiele in Schleswig-Holstein könnte die Eignung der entsprechenden Verbote in den anderen Bundesländern zur Erreichung der mit dem Glücksspielstaatsvertrag 2012 verfolgten legitimen Allgemeininteressen erheblich beeinträchtigen. Das könnte möglicherweise dazu führen, dass die Vertriebs- und Werbebeschränkungen im Internet für Glücksspiele in den anderen Bundesländern wegen Verstoßes gegen Unionsrecht unanwendbar sind. Das Glücksspielrecht ist Ländersache, so dass es innerhalb der Bundesrepublik zu unterschiedlichen Regelungen kommen kann. Folgende Fragen legt der BGH dem EuGH vor:

  1. Stellt es eine inkohärente Beschränkung des Glücksspielsektors dar,
    • wenn einerseits in einem als Bundesstaat verfassten Mitgliedstaat die Veranstaltung und die Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet nach dem in der überwiegenden Mehrheit der Bundesländer geltenden Recht grundsätzlich verboten ist und – ohne Rechtsanspruch – nur für Lotterien und Sportwetten ausnahmsweise erlaubt werden kann, um eine geeignete Alternative zum illegalen Glücksspielangebot bereitzustellen sowie dessen Entwicklung und Ausbreitung entgegenzuwirken,
    • wenn andererseits in einem Bundesland dieses Mitgliedstaats nach dem dort geltenden Recht unter näher bestimmten objektiven Voraussetzungen jedem Unionsbürger und jeder diesem gleichgestellten juristischen Person eine Genehmigung für den Vertrieb von Sportwetten im Internet erteilt werden muss und dadurch die Eignung der im übrigen Bundesgebiet geltenden Beschränkung des Glücksspielvertriebs im Internet zur Erreichung der mit ihr verfolgten legitimen Ziele des Allgemeinwohls beeinträchtigt werden kann?
  2. Kommt es für die Antwort auf die erste Frage darauf an, ob die abweichende Rechtslage in einem Bundesland die Eignung der in den anderen Bundesländern geltenden Beschränkungen des Glücksspiels zur Erreichung der mit ihnen verfolgten legitimen Ziele des Allgemeinwohls aufhebt oder erheblich beeinträchtigt?
  3. Falls die erste Frage bejaht wird:

  4. Wird die Inkohärenz dadurch beseitigt, dass das Bundesland mit der abweichenden Regelung die in den übrigen Bundesländern geltenden Beschränkungen des Glücksspiels übernimmt, auch wenn die bisherigen großzügigeren Regelungen des Internetglücksspiels in diesem Bundesland hinsichtlich der dort bereits erteilten Konzessionen noch für eine mehrjährige Übergangszeit fortgelten, weil diese Genehmigungen nicht oder nur gegen für das Bundesland schwer tragbare Entschädigungszahlungen widerrufen werden könnten?
  5. Kommt es für die Antwort auf die dritte Frage darauf an, ob während der mehrjährigen Übergangszeit die Eignung der in den übrigen Bundesländern geltenden Beschränkungen des Glücksspiels aufgehoben oder erheblich beeinträchtigt wird?

Quelle und weiterführende Informationen:

Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 012/2013 vom 24.01.2013 >>

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