Nach dem Bundesverwaltungsgericht (siehe News vom 28.09.2010) hat auch der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 13.01.2011, Az. I ZR 22/09 dem Europäischen Gerichtshof einen Rechtsstreit zur Klärung der Frage nach dem Begriff der gesundheitsbezogenen Angabe bei Lebensmitteln vorgelegt. In dem Rechtsstreit geht es um die Bewerbung eines Kräuterlikörs mit 27 % vol. mit den Aussagen „wohltuend und bekömmlich“.
Nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (Health Claims Verordnung) sind gesundheitsbezogene Angaben bei alkoholischen Getränken mit mehr als 1,2 % vol. generell verboten. Die Angaben „wohltuend und bekömmlich“ wären demnach unzulässig, wenn es sich dabei um gesundheitsbezogene Angaben im Sinne der Health Claims Verordnung handelt.
Die Vorinstanz, das Landgericht Regensburg, hat in seiner Entscheidung vom 13.01.2009, Az. 1 HKO 2203/08 (1), angenommen, dass sich die Begriffe „bekömmlich“ und „wohltuend“ auf das allgemeine Wohlbefinden und nicht auf die Gesundheit beziehen. Das allgemeine Wohlbefinden werde aber nicht von den Bestimmungen der Health Claims Verordnung erfasst.
Der Bundesgerichtshof hat die Sprungrevision zugelassen. In seinem Beschluss führt er aus, dass die Entstehungsgeschichte der Health Claims Verordnung darauf schließen lasse, dass der Begriff der gesundheitsbezogenen Angabe in Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung nicht auch das allgemeine Wohlbefinden umfasse. Diese Frage sei jedoch vom EuGH zu klären.
Mit der Aussage „bekömmlich“ werde zum Ausdruck gebracht, dass der Likör den Körper und dessen Funktionen nicht belasten oder beeinträchtigen werde. Es werde nicht suggeriert, dass dem Produkt eine die Gesundheit fördernde Funktion zukomme. Hier müsse geklärt werden, ob eine Aussage auf das gesundheitsbezogene Wohlbefinden oder das allgemeine Wohlbefinden abziele, wenn sie auf eine Funktion des menschlichen Körpers bezogen sei. Die Einbeziehung einer derart neutralen Aussage in den Anwendungsbereich des Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Health Claims Verordnung widerspräche im Hinblick auf den damit verbundenen Eingriff in die Meinungs- und Informationsfreiheit dem gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es müsse daher geklärt werden, ob es verhältnismäßig sei, die Aussage für ein alkoholisches Getränk bereits dann unter den Verbotsbereich des Art. 4 Abs. 3 der Verordnung zu fassen, wenn dadurch zum Ausdruck gebracht werde, dass der Körper und dessen Funktionen nicht belastet oder beeinträchtigt seien.
Die Aussage „wohltuend“ sei nach Auffassung des Gerichts eine gesundheitsbezogene Angabe, die für alkoholische Getränke verboten sei. Durch sie werde zwar nicht erklärt, aber zumindest mittelbar zum Ausdruck gebracht, dass der Genuss des Likörs geeignet sei, den Gesundheitszustand des Verbrauchers zu verbessern.
BGH, Beschluss vom 13.01.2011, Az. I ZR 22/09
az
Weitere aktuelle Nachrichten
-
OLG Frankfurt a. M. untersagt „Anti-Kater“-Werbung für Mineralstofftabletten
-
Rückblick: Konferenz „Wettbewerb, Nachhaltigkeit & Recht“
-
Rückblick: „Jura in der Praxis“ der Julius-Maximilians-Universität Würzburg
-
Rückblick: Internationaler Kongress der Liga in London
-
Landgericht Mainz zur Assoziation von „After Party Shots“ mit einem Alkoholkater